Kölner Pfarrer feiert queeren Weihnachtsgottesdienst mit Kelly Heelton

Die einen feiern ihn dafür, die anderen rümpfen die Nase: Der Kölner Pfarrer Tim Lahr plant einen Gottesdienst „Queere Nacht – heilige Nacht“. Nächstes Jahr soll ein queeres Krippenspiel folgen.

Unter dem Namen "amen_aber_sexy" nimmt Tim Lahr seine Followerinnen und Follower auf Instagram mit in seinen Alltag als schwuler Pfarrer
Unter dem Namen "amen_aber_sexy" nimmt Tim Lahr seine Followerinnen und Follower auf Instagram mit in seinen Alltag als schwuler PfarrerNadine Heller-Menzel

Tim Lahr hatte schon immer den Gedanken, ein Weihnachten zu feiern, das alle Menschen mit einbezieht. „Weihnachten ist nach wie vor oft ein schwieriges Fest für queere Menschen“, erzählt der queere Pfarrer aus Köln. Weihnachten sei ein traditionelles Fest, bei dem die klassische Familie mit Vater, Mutter und zwei Kindern im Mittelpunkt stehe. Für queere Menschen, aber auch für Singles, gebe es kaum Angebote.

Jetzt, eine knappe Woche vor Weihnachten, laufen die Vorbereitungen für den Weihnachtsgottesdienst „Queere Nacht – heilige Nacht“, den Tim ins Leben gerufen hat. Mit dabei ein besonderer Gast: Die Dragqueen Kelly Heelton – bekannt durch die Serie „Drag Race Germany“, die beim Streaming-Dienst „Paramount“ läuft. Allein dadurch hofft Tim auf großen Zulauf: „Mich haben schon Eltern aus den Chören angesprochen, dass ihre Kinder plötzlich in den Gottesdienst an Weihnachten wollen, weil Kelly Heelton dabei ist“, freut sich Tim.

Ein queerer Blick auf die Weihnachtsgeschichte

Mit einer halben Stelle arbeitet der 34-Jährige für die Queere Kirche Köln. Das Anfang des Jahres offiziell gestartete Projekt ist einer der Erprobungsräume der Evangelischen Kirche im Rheinland und soll ein sicherer Ort für queere Menschen sein. Mit der anderen Stelle ist er Gemeindepfarrer in Köln Deutz/Poll. Auf Instagram wirbt er als „@amen_aber_sexy“ für eine queere und weltoffene Kirche.

 

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Wie sieht nun so ein queerer Weihnachtsgottesdienst aus? Das fängt schon bei der Vorbereitung und Gestaltung an, wie Tim erzählt. Beteiligt waren queere Menschen, die ihre Perspektive einbringen werden. Ein Beispiel dafür sei die Krippendarstellung: „Josef ist nicht der leibliche Vater und Maria ist sehr früh schwanger geworden“, erklärt Tim. Wenn man die Geschichte so liest, ist sie alles andere als eine Heile-Welt-Familien-Geschichte. „Wir wollen mit Bildern brechen“, sagt Tim. Seine Mitstreitende und er wollen Menschen in der Vordergrund stellen, die sonst nicht so berücksichtigt werden. Zum Beispiel die Hirten, die als erstes vom Kind erfahren hätten.

Pläne für ein queeres Krippenspiel im nächsten Jahr

Und weil vor Heiligabend nach Heiligabend ist, denkt Tim schon jetzt ans nächste Jahr: Da möchte er unbedingt ein queeres Krippenspiel machen, wie er verrät. Also eine queere Version mit queeren Personen in den Rollen.

Was Tim noch wichtig ist: Nur weil der Gottesdienst sich besonders an queere Menschen richtet, stehe die Türe allen offen. Das sagt er auch, weil es ein paar kritische Stimmen zu dem Angebot gab. „Die Leute fragen immer: Muss es denn immer eine extra Veranstaltung für queere Menschen geben? Die können doch auch in den normalen Gottesdienst kommen“. Das würde Tim ein wenig nerven. „Plötzlich fühlen sich Hetero-Menschen ausgeschlossen“. Tim sagt weiter: „Wir nehmen niemanden weg, sondern ergänzen nur das Angebot“.

Außerdem würden auch queere Menschen Traditionelles an Weihnachten lieben. „Wir haben hier auch einen Weihnachtsbaum und einen Adventskranz“, betont der junge Pfarrer.

Sogar Oma kommt mit in den queeren Gottesdienst

Es ist nicht das erste Mal, dass Tim traditionellen Gottesdiensten und Angeboten der Kirche etwas entgegensetzt. So hat er etwa an der Kölner Christuskirche am Stadtgarten die Partyreihe „Queer as hell“ ins Leben gerufen.

Bereits im vergangenen Jahr wagte Tim dann den Versuch mit dem queeren Weihnachtsgottesdienst. Nach eigenen Angaben sei dieser ein Erfolg gewesen. „Viele queere Menschen haben ihre Familien mitgebracht. Das war schön zu sehen.“ In der queeren Szene würden sonst oftmals Partys veranstaltet. Da würde man seine Oma vielleicht nicht unbedingt mit hinnehmen, sagt Tim und lacht.

Nur einen Livestream kann es leider nicht geben, erzählt Tim. „Unsere Kirche soll ein sicherer Raum für queere Menschen sein“. Wenn sein Team und er den Gottesdienst übertragen würden, könnte es zu einem Shit Storm kommen. Leider sei nicht jede und jeder tolerant gegenüber queeren Menschen. Die Botschaft von Weihnachten gelte allen Menschen, betont der Theologe. „Weihnachten ist ein Fest, das auch queeren Menschen gehört. Wir haben alle Platz in der Kirche.“