Alabali-Radovan: Die Mehrheit muss jetzt laut sein

In einer emotionalen Rede im Bundestag hat die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), zum Widerstand gegen rechtsextreme Kräfte aufgefordert. Viele Menschen mit familiärer Einwanderungsgeschichte hätten gerade Angst um ihre Zukunft, ihr Sicherheitsgefühl sei im Mark erschüttert, sagte Alabali-Radovan am Freitag in der Debatte über das Staatsangehörigkeitsgesetz. Das „Reden von gepackten Koffern“ sei für sie real.

„Die Mehrheit muss jetzt laut sein“, betonte Alabali-Radovan. Dass derzeit Zehntausende gegen rassistische Ideologie auf die Straße gehen, mache ihr Mut. Wie die Demonstranten zeigte sich Alabali-Radovan erschüttert über die Enthüllung eines Treffens von Neonazis, Unternehmern und AfD-Vertretern, auf dem im vergangenen November in Potsdam über Pläne zur Vertreibung von Menschen mit internationalen Wurzeln, auch deutschen Staatsangehörigen, gesprochen worden sein soll.

Die Wannsee-Konferenz, auf der die Nationalsozialisten die Deportation und Ermordung der europäischen Juden besprachen, jähre sich am Samstag zum 82. Mal, erinnerte Alabali-Radovan. „Und im November 2023 trafen sich faschistische Fanatiker im Landhaus Adlon, nur fünf Kilometer entfernt vom Ort der Wannsee-Konferenz, mit einer Geisteshaltung, die daran anknüpft“, sagte sie: „Sie wollen Menschen einfach aussortieren.“

Die SPD-Politikerin, deren Eltern aus dem Irak stammen, sagte, sie sei „heute auch wütend“. „Dass es so weit gekommen ist, dass jahrzehntelang weggeschaut wurde, dass Menschen wie Sie uns das Deutschsein ständig absprechen wollen“, sagte sie an die AfD gerichtet. Alabali-Radovan, die in Moskau geboren wurde und in den 90er Jahren mit ihrer Familie als Flüchtling nach Deutschland kam, unterstrich: „Wir, über 20 Millionen mit familiärer Einwanderungsgeschichte, wir bleiben. Das ist unser aller Land.“

Alabali-Radovan eröffnete die Debatte zur Reform der Einbürgerung, über die der Bundestag am Freitag abstimmen wollte. Die Ampel-Koalition will die Wartezeit auf den deutschen Pass verkürzen und ermöglichen, dass neben der deutschen auch die ursprüngliche Staatsangehörigkeit beibehalten werden kann.