EU-Lieferkettengesetz: Kik und Tchibo weiterhin dafür
Immer mehr deutsche Unternehmen sprechen sich für das EU-Lieferkettengesetz aus, sonst befürchten sie Nachteile für sich. Doch die FDP verteidigt ihre Haltung.
Vor der finalen Abstimmung über das EU-Lieferkettengesetz dringen auch große deutsche Unternehmen weiterhin auf die europaweite Richtlinie. Der Textil-Discounter Kik und Tchibo sprachen sich für europäische Regeln zur Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards im Ausland aus. Nach einer von der Hans-Böckler-Stiftung finanzierten Studie profitieren Unternehmen sowie Arbeitnehmer von dem EU-Lieferkettengesetz. Derweil verteidigt die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn die Blockade ihrer Partei und eine damit einhergehende Enthaltung Deutschlands bei der für Freitag geplanten Abstimmung.
Es brauche gleiche Standards und Regeln für die gesamte Europäische Union, um die Arbeitsbedingungen in den Lieferketten deutlich zu verbessern, sagte ein Unternehmenssprecher von Kik dem Evangelischen Pressedienst (epd) auf Anfrage. Er bezeichnete den aktuellen EU-Entwurf als „logische Fortführung“ des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes. Zugleich müssten sich Politik und Wirtschaft für die Umsetzung einer solchen Richtlinie stärker austauschen, weil sie „Unternehmen vor nicht zu unterschätzende Herausforderungen“ stelle.
Lieferkettengesetz: Studie sieht Nachteile für Deutschland
Tchibo warnte vor Nachteilen für deutsche Unternehmen, sollte die EU-Richtlinie scheitern. „Ohne dieses Gesetz haben deutsche Unternehmen Wettbewerbsnachteile gegenüber Firmen aus anderen Ländern zu befürchten“, sagte ein Sprecher des Einzelhandelsunternehmens mit Sitz in Hamburg dem epd.
Zu diesem Ergebnis kommt auch eine von der Hans-Böckler-Stiftung finanzierte Studie der Unternehmensberatung WMP Consult. Gut zwei Drittel der großen Unternehmen in Deutschland erfüllten schon heute im Wesentlichen die Anforderungen des Gesetzes, teilte die gewerkschaftsnahe Stiftung in Düsseldorf mit. Zudem würden deutsche Unternehmen davon profitieren, dass nach einer Verabschiedung des Gesetzes „gleiche Spielregeln in ganz Europa“ gelten.
In Deutschland gilt bereits seit 2023 ein nationales Lieferkettengesetz. Die Studie räumt zwar ein, dass die geplante Lieferkettenrichtlinie teilweise über das deutsche Gesetz hinausgeht und unter anderem auch eine zivilrechtliche Haftung der Unternehmen vorsieht. Die Entwürfe beinhalteten im Vergleich zum deutschen Gesetz aber auch Entlastungen für Unternehmen. Dazu gehörten unter anderem Erleichterungen bei der Risikoanalyse für Länder mit funktionierendem Rechtssystem. Auch für deutsche Arbeitnehmer bringe ein Lieferkettengesetz Vorteile, hieß es.
FDP sieht „praxisfernen Papiertiger“
Die FDP-Europaabgeordnete Svenja Hahn rechtfertigte die Enthaltung Deutschlands bei der Abstimmung. Das auf EU-Ebene bereits vereinbarte Gesetz sei ein „praxisferner Papiertiger“, erklärte Hahn in einer Mitteilung. Vorschläge der FDP seien nicht berücksichtigt worden. Laut Hahn führe der aktuelle Gesetzesentwurf zu einem Rückzug europäischer Unternehmen und einem damit einhergehenden Vorstoß chinesischer Marktteilnehmer.
Das europäische Lieferkettengesetz soll dafür sorgen, dass europäische Unternehmen die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards in ihren Lieferketten sicherstellen. Aufgrund eines Vetos des Koalitionspartners FDP wird sich Deutschland voraussichtlich bei der Abstimmung über das Gesetz enthalten. Ob noch eine Mehrheit für die Richtlinie zustande kommt, ist offen.