75 Jahre Bundesrat: Politiker dringen auf Einsatz für Demokratie
Politikerinnen und Politiker haben bei der Feier zum 75. Bestehen des Bundesrats zu entschiedenem Einsatz für die Demokratie aufgerufen. Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) erinnerte in ihrer Festrede am Samstag in Bonn daran, dass die Länderkammer als eine Antwort auf Willkür und Gewalt im nationalsozialistischen Deutschland gegründet wurde. Der Präsident des französischen Senats, Gérard Larcher, betonte, Deutschland und Frankreich müssten angesichts aktueller Herausforderungen zusammenhalten und Werten wie Kompromisskultur und Bürgernähe treu bleiben. An dem Festakt nahm auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teil, sowie Vertreterinnen und Vertreter aus den Bundesländern und internationale Gäste.
Demokratie sei keine Selbstverständlichkeit, betonte Schwesig. „Wir müssen sie schützen und verteidigen. Wir müssen sie erklären und manchmal auch verändern“. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern betonte: „Keine politische Kraft sollte zu viel Macht haben.“ Deshalb würden neben dem Bundestag auch die Länder über die Gesetze mitentscheiden. Im Bundesrat kämen „Sachverstand von der Ostseeküste bis zu den Alpen“ über Parteigrenzen hinweg zusammen. Das sei gut für die Gesetzgebung.
Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen habe ein wachsender Teil der Bürgerinnen und Bürger eine Partei gewählt, „bei der berechtigte Zweifel bestehen, ob sie wirklich auf dem Boden unseres Grundgesetzes“ steht, sagte Schwesig. Das sei „ein deutliches Warnsignal“. Kräfte, die die Demokratie infrage stellten, dürften keine Verantwortung bekommen, betonte die Ministerpräsidentin. „Nie wieder Diktatur, das fängt im Konkreten, im Alltag an.“ Die AfD hatten bei den Wahlen in beiden Ländern knapp ein Drittel der Stimmen erhalten.
Der Präsident des französischen Senats, Larcher, verwies auf die starken deutsch-französischen Beziehungen. Gemeinsam mit ganz Europa müssten beide Länder sich Herausforderungen wie Islamismus, Antisemitismus und Populismus stellen. Er rief dazu auf, dem treu zu bleiben, was das Wesen des Föderalismus und des Zweikammersystems ausmache: „Der Kultur des Kompromisses, der Nähe zu den Bürgern, dem Pragmatismus vor der Ideologie, der Ethik der Verantwortung vor Vorurteil oder Leidenschaft!“, sagte der Senatspräsident.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) betonte, ein kooperativer und selbstbewusster Föderalismus sei wichtig für die Stabilität und Widerstandskraft des Gemeinwesens. Er schütze vor den Gefahren des Zentralismus, die der Parlamentarische Rat 1949 klar vor Augen gehabt habe. Wüst würdigte den Bundesrat als Mittlerorgan zwischen Bund und Ländern. Auch in Zeiten zunehmender Polarisierung zähle hier „Kompromiss, nicht Konfrontation“. Er würdigte zudem die Rolle der Stadt Bonn für die Entwicklung der Bundesrepublik. Sie habe der jungen Demokratie mit ihrer Bodenständigkeit und Unaufgeregtheit „einen klaren Kompass gegeben“.
Die erste Sitzung des Bundesrates fand am 7. September 1949 in der früheren Aula der Pädagogischen Akademie in Bonn statt. Erster Bundesratspräsident war Karl Arnold, den Ministerpräsidenten von NRW. Bis 2000 hatte der Bundesrat seinen Sitz in Bonn, bevor er nach Berlin umzog. Mittlerweile hat das Gremium der Länder knapp 1.050 Sitzungen absolviert.