EKBO-Synodaler ist enttäuscht: “Stimme zum Frieden fehlt”

Unser Gastautor Thomas Jeutner, Pfarrer in Berlin, zeigt sich enttäuscht vom Umgang der Synode der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz mit einem Friedenspapier.

Thomas Jeutner ist Pfarrer der  Versöhnungsgemeinde in Berlin-Mitte
Thomas Jeutner ist Pfarrer der Versöhnungsgemeinde in Berlin-MitteThomas Hirsch-Hüffell

Die Frage eines Atomwaffeneinsatzes ist nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine und die jüngste militärische Eskalation zwischen Iran und Israel erschreckend drängend geworden. Eine kirchliche Friedensinitiative aus Bremen hatte im Juli 2023 alle Landessynoden in einem Brief gebeten, sich gemeinsam an die Bundesregierung zu wenden mit dem Ziel, dem Atomwaffenverbotsvertrag beizutreten. Die Herbstsynode 2023 überwies den Brief zur Bearbeitung an den Ausschuss Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung.

Die Zerrissenheit der kirchlichen Stimmen

Auf seiner Klausurtagung befasste er sich drei Tage lang nicht nur mit der atomaren Frage, sondern grundsätzlich mit dem Waffeneinsatz zur Verteidigung oder Gewaltverzicht. Im Ergebnis legte der Ausschuss den Entwurf einer Erklärung vor, welche die Zerrissenheit der kirchlichen Stimmen angesichts des Einsatzes von militärischer Gewalt hervorhebt. Das Papier ­wendet sich nicht nur gegen die Abschreckung durch Massenvernichtungswaffen. Es fragt, ob wir als Kirchen nicht eindeutiger und ohne Einschränkung aller Waffengewalt absagen müssten?

Die für mich wichtigsten Sätze in dem Dokument lauten: „Unser Fundament ist das Evangelium von Jesus Christus, das Nächstenliebe, Feindesliebe, Versöhnung und Frieden verkündigt. Dadurch sind wir auch in Kriegszeiten befähigt und aufgefordert, in unserem Gegenüber, auch dem feindlichen, den Menschen zu sehen. Nur so können wir, wo immer es möglich ist, für Frieden und Versöhnung eintreten. Das kann durchaus vielstimmig sein, denn jeder Friedensprozess braucht den offenen Diskurs.“

Fragwürdiger Titel „Alternativlose Ächtung von Atomwaffen“

Auf den hatten wir in der Landessynode gehofft. Doch kaum vorgestellt, wurde der Text in der Debatte als „zu unterkomplex“ infrage gestellt: Schon der Titel „Alternativlose Ächtung von Atomwaffen“ sei zu hinterfragen. Herausforderungen von heute seien nicht mit der Bergpredigt zu lösen. Auf dem Weg zu einer neuen Friedensdenkschrift der EKD führt nun nach vier Konsultationen eine Redaktionsgruppe – hoffentlich – die Vielstimmigkeit zur Friedensfrage zusammen. Die Stimme der EKBO-Synode wird leider fehlen. Es hieß in Görlitz, lieber die Entwürfe auf EKD-Ebene abzuwarten und sich dann zu äußern. Verstehen kann ich das nicht.

Der synodale Weg beginnt an der Basis in den Landeskirchen. Die Erklärung sollte als Beitrag der Landessynode in die Neubearbeitung der EKD-Friedensdenkschrift eingebracht werden. Die Debatte wurde jedoch vertagt und wieder in den Ausschuss zurückverwiesen. Traurig bin ich aus Görlitz nach Hause gefahren. In dieser Friedensstadt wurde 1987 auf der DDR-Bundessynode angesichts der atomar hochgerüsteten Machtblöcke des Kalten Krieges, „im Gehorsam gegen den dreieinigen Gott die Absage an Geist, Logik und Praxis der Abschreckung“ bekräftigt.

Thomas Jeutner ist Pfarrer der Versöhnungsgemeinde in Berlin-Mitte