“Unsichtbarer Angreifer”: ZDF zeigt Thriller um ein Smart Home

Emma, Amir und Sohn Malik sind eine glückliche Familie, die sich das Leben durch das Internet erleichtern lässt. Doch die Technik wird im ZDF-Thriller ein “Unsichtbarer Angreifer”.

Emma (Emily Cox) ist allein zu Hause, als die Technik im Smart Home der Turguts verrückt spielt
Emma (Emily Cox) ist allein zu Hause, als die Technik im Smart Home der Turguts verrückt spieltZDF / Hardy Brackmann

Samira fährt morgens die Rollläden hoch, bereitet zur gewünschten Zeit den Espresso zu, hat den Überblick, welche Personen sich gerade im Haus befinden: Allerdings ist Samira keine aufmerksame Haushälterin, sondern eine App. Und was für eine! Die Anwendung bietet eine perfekt organisierte, maximal effiziente und in sich nahezu geschlossene Welt in dem Thriller “Unsichtbarer Angreifer”, den das ZDF am Montag, 13. Mai, um 20.15 Uhr ausstrahlt.

Die Psychotherapeutin Emma Turgut (Emily Cox), ihr Mann Amir (Denis Moschitto), der für ein Softwareunternehmen arbeitet, und der jugendliche Sohn Malik (Eren M. Güvercin) leben in einem über die App zu steuernden Smart Home. Technikaffin sind alle drei: Während Emma mit Amirs Kollegen Georg (Golo Euler) an einer Therapie-App arbeitet, um noch mehr Patienten versorgen zu können, begeistert Malik sich für die grenzüberschreitenden Aktionen des Influencers “Challuk”.

“Unsichtbarer Angreifer”: Risse in der perfekten Fassade

Während Amir zuletzt ein wenig Internet-müde erscheint, ist seine Frau in komplett anderer Richtung unterwegs, startet enthusiastisch ihre neue App. Dann tauchen erste Risse in der perfekten Fassade der Samira-Welt auf: Die falsche Kaffee-Bestellung, die gefährlich hoch geheizte Sauna, der Haushaltsroboter, der die Treppe herunterfällt und sich überhaupt zunehmend selbstständig macht. Emma verdächtigt Lukas alias “Challuk”, den neuen Kumpel ihres Sohnes: Hat er sich ins Haus gehackt? Doch dann spielt auch die Therapie-App verrückt, vertauscht die Termine der Patienten oder lädt sie ganz aus: eine Belastung vor allem für Emmas neue Patientin, die suizidgefährdete Amanda.

Ein nicht nur in psychologischer Hinsicht hochspannendes Buch hat Willi Kubica da geschrieben: Die Frage, wer oder was Samira und damit das Leben der Turguts steuert, hält den Zuschauer bis zuletzt in Bann. Das liegt auch an den Figuren und ihren Beziehungen, die vielschichtig und stimmig gezeichnet sind: allen voran Emma, die fantastisch dargestellt wird von Emily Cox. Aber auch Denis Moschitto, Golo Euler, Eren M. Güvercin, Paula Conrad Hugenschmidt als Amanda, Casper von Bülow als “Challuk” oder Yodit Tarikwa als Emmas beste Freundin Maria überzeugen durchweg.

Zu Letzterer sei eine Anmerkung erlaubt: Es fällt auf im deutschen Fernsehfilm der vergangenen Jahre, dass man sich “divers” zu geben sucht, indem man eine Nebenrolle – gerne einen Freund, die Anwältin oder ähnliches – mit einem oder einer Schwarzen besetzt. Dass es aber so gut wie immer bei dieser einen kleinen Nebenrolle für schwarze Darsteller bleibt und man auf eine derartige Besetzungspraxis mittlerweile fast wetten kann, zeigt das Alibihafte des Vorgehens. Doch ist dies, wie erwähnt, kein spezielles Problem dieses Films, sondern ein generell zu beobachtendes Phänomen.

ZDF setzt Thriller souverän in Szene

Auffallend an dem von Martina Plura elegant, souverän und fesselnd in Szene gesetzten Film ist zudem die eindrückliche Bildgestaltung: Für die großteils in blau-grau-grün gehaltenen Aufnahmen und deren sogartige Wirkung zeichnet Monika Plura, die Zwillingsschwester der Regisseurin, verantwortlich. Sie nutzt lange Kamerafahrten, um den zentralen Schauplatz – das Haus der Turguts – und die darin wirkende Technik ins Bild zu setzen, lässt die Kamera immer wieder wie über den Boden kriechen, betont das Eigen”leben” der technischen Hilfsmittel – ein beklemmender Effekt. Ähnlich wirkungsvoll ist der Soundtrack von Komponist Daniel Hoffknecht, der die Tonspur mit dezent unheilvollen Tönen präzise gestaltet.

Gut auch, dass die Story keine einfachen Antworten kennt und weit davon entfernt ist, Technik beziehungsweise deren Einsatz als etwas per se Böses oder Falsches zu zeichnen. “Unsichtbarer Angreifer” zeigt vielmehr differenziert auf, dass es auf die Situation und den Kontext ankommt – vor allem aber auf die Menschen hinter den Technologien. Dennoch: Wer nicht ohnehin schon skeptisch war, wird sich nach diesem Film höchstwahrscheinlich sehr gründlich überlegen, ob man das eigene Heim wirklich den Algorithmen überlassen sollte.

“Unsichtbarer Angreifer”. Regie: Martina Plura. ZDF, Montag, 13.Mai, um20.15 Uhr. Mit Untertiteln für Hörgeschädigte.