Zukunft der evangelischen Kirche Thema
Kardinal Woelki kommt. EKD strebt Perspektivwechsel an – hin zu einer Kirche in der säkularen Gesellschaft. Synodenpräses Irmgard Schwaetzer zu Konsequenzen nach dem Jubiläumsjahr
Berlin – Der katholische Kölner Erzbischof Rainer Maria Woelki, der kürzlich mit seiner Haltung zur Ökumene für Enttäuschung bei Protestanten gesorgt hat, besucht die Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Bonn. Neben NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) wird Kardinal Woelki dort ein Grußwort halten. „Ich nehme es auf jeden Fall als Zeichen dafür, dass er auch an einem Gespräch mit den Protestanten interessiert ist“, sagte die Präses des Kirchen„parlaments“, Irmgard Schwaetzer. Die EKD-Synode tagt vom 12. bis 15. November in Bonn.
In einem viel beachteten Aufsatz hatte der Kardinal unmittelbar vor einer Tagung der katholischen Deutschen Bischofskonferenz im September in Fulda deutlich gemacht, dass er große Unterschiede im Kirchen- und Sakramentsverständnis zwischen evangelischer und katholischer Kirche sehe. Möglichkeiten zu einer wechselseitigen Teilnahme an der Eucharistie sehe er darum derzeit nicht, schrieb Woelki. Im Jahr des 500. Reformationsjubiläums hatte es auf evangelischer Seite Hoffnungen auf Schritte hin zu einem gemeinsamen Abendmahl zumindest für konfessionsverschiedene Ehepaare gegeben.
Eine Aussprache nach den Grußworten ist Schwaetzer zufolge auf der Synode nicht vorgesehen. „Wenn es etwas zu kommentieren gibt, wird das sicher geschehen“, sagte Schwaetzer.
Raus aus den mentalen und gebauten Mauern
Generell werde die Synode das Thema Ökumene beschäftigen. „Das gibt uns auch Gelegenheit, noch einmal genau darauf zu schauen, was die Katholiken eigentlich an uns stört“, sagte die frühere FDP-Politikerin. Die Ordinationspraxis in manchen Landeskirchen oder der Umgang mit den Elementen des Abendmahls – Brot und Wein – werde auch bei ökumenisch sehr wohl gesonnenen Katholiken mit Erstaunen gesehen. „Da können wir uns schon fragen, was wir auf evangelischer Seite ändern sollten“, sagte sie.
Hauptthema des Kirchen„parlaments“ ist die Zukunft der evangelischen Kirche. Die Synode hatte zum Reformationsjubiläum Scouts damit beauftragt, Veranstaltungen zu beobachten. „Es kamen erstaunlich einhellige Rückmeldungen dazu, wie Kirche in der säkularen Gesellschaft in der Zukunft sich verändern muss“, sagte Schwaetzer und ergänzte: „Kurz gefasst ist es auf diese Formel zu bringen: neue Formate, neue Orte, Kooperationen, aus den mentalen und gebauten Kirchenmauern hinausgehen zu den Menschen und einen Dialog führen.“
Die Synode unter dem Titel „Zukunft auf gutem Grund“ will nach ihren Worten dazu einen Diskussionsprozess anstoßen und einen Perspektivwechsel einleiten hin zu einer Kirche in einer säkularen Gesellschaft, sagte die 75-Jährige, die seit vier Jahren das Kirchen„parlament“ leitet. Dafür habe das Reformationsjubiläum wertvolle Hinweise gegeben: Immer dann, wenn die Kirche ungewöhnliche Formate an überraschenden Orten angeboten habe, seien Menschen erreicht worden, „die wir sonst nicht treffen“.
Schwaetzer warnte vor einer „Verzweckung des Glaubens“, die sich oftmals in Zahlendiskussionen ausdrücke: „Nur da zu sein, ohne dass klar wird, welche Botschaft wir anstreben, wird nicht genügen.“ Damit weiß sie sich eins mit dem EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm, der vor dem historischen 500. Reformationstag erklärt hatte, dass zunächst theologisch eine Vision von Kirche zu entwickeln und erst dann zu entscheiden sei, welche Strukturen in der Zukunft nötig sind. Dabei sei die Prognose zu berücksichtigen, dass die Zahl der Protestanten von heute 21,9 Millionen auf etwa 16 Millionen im Jahr 2040 sinken soll – was entsprechend auch die Finanzen schmälert.
Nachfinanzierungsbedarf nach dem Jubiläum
Bei den Haushaltsdebatten in der Synode wird es Schwaetzer zufolge auch noch einmal um das Reformationsjubiläum gehen. Sie sprach von einem noch nicht genau bezifferten „Nachfinanzierungsbedarf“ und verwies auf die unter den Erwartungen gebliebenen Besucherzahlen besonders in der Anfangszeit der Weltausstellung Reformation in Wittenberg. Zudem gebe es vorher nicht erwartete zusätzliche Kosten im Sicherheitsbereich. epd/UK