Zombies und Grabschmätzer in Stade

Von Nosferatu bis zu gepfählten Nachgeburten: Lange hielt sich die Angst vor Toten, die aus dem Grab wieder auferstehen. Eine Schau in Stade zeigt Exponate von Ausgrabungen und aus der Popkultur.

Das Logo der Ausstellung in Stade: Aus dem Grab kommt nichts Gutes
Das Logo der Ausstellung in Stade: Aus dem Grab kommt nichts GutesMuseen Stade

Eine riesige schwarze Hand, die aus der Erde nach oben schnellt – mit diesem Plakat wirbt das Museum Schwedenspeicher in Stade für die aktuelle Sonderausstellung, deren Titel in großen schwarzen Buchstaben vor feuerrotem Hintergrund präsentiert wird: UNTOT.

Es geht um die Angst der Lebenden vor gestorbenen Menschen. Von denen befürchtet wird, dass sie nicht wirklich tot sind und noch aus dem Grab heraus bösen Einfluss auf die Welt der Lebenden ausüben können.

Tricks beim Begräbnis

Die Ausstellung widmet Filmen wie „Nosferatu“ oder Büchern wie „Dracula“ ein besonderes Kapitel – im Mittelpunkt stehen aber nicht Zombies und Vampire, sondern menschliche Reste aus mehreren Jahrhunderten, die bei Ausgrabungen im Raum Stade gefunden wurden. Es geht um Personen, denen nach der Bestattung der Schädel zerschlagen oder die Füße gefesselt wurden oder deren Sarg komplett gedreht wurde – als Vorsichtsmaßnahme. Sie sollten im Grab bleiben.

Im Mittelalter waren viele Menschen überzeugt, dass es unter der Erde Leichen gab, die am Leichentuch kauten und dabei den Lebenden die Lebenskraft nach und nach absaugten. Man wusste sich zu helfen: So wurde bei einem Mann, der vor mehr als 1000 Jahren mit etwa 60 Jahren starb, der abgetrennte Oberschenkelknochen unter dem Kinn platziert. Bei einer gleichalten Frau lag ein Stein unter dem Kinn und ein Stein unter dem Mund. So sollten sie nicht als „Grabschmätzer“ aktiv werden können. In der Ausstellung werden die beiden Skelette besonders dezent präsentiert – sie liegen in einer dunklen Vitrine und werden erst sichtbar, wenn man auf einen Lichtschalter drückt.

Begraben mit der Katze unter dem Kinn

Außerdem wird in der Schau das Skelett einer Frau auf den Boden projiziert. Archäologen hatten die um 1800 gestorbene 2021 im rheinischen Velbert entdeckt. Sie wurde zusammen mit ihrer Katze bestattet, die auf Hals und Schulter direkt unter dem Kinn der Frau lag.

Besonders bei denjenigen, die einen vermeintlich unchristlichen Lebenswandel geführt hatten, vorzeitig an Krankheit oder gewaltsam gestorben waren, sich das Leben genommen hatten oder am Rande der Gesellschaft standen, wurde oft die Wiederkehr gefürchtet. So widmet sich die Schau auch dem Schicksal von Anna Marlene Prink.

Sie wurde zum Tode verurteilt und 1842 enthauptet, weil sie ihren Mann vergiftet haben soll – was sie stets bestritt. Als die Leiche 2020 in Ohrensen bei Stade entdeckt wurde, fiel auf, dass der abgetrennte Kopf von Steinen umgeben war.

Blutspendeaktion geplant

Auch für die hohe Kindersterblichkeit wurden Wiederkehrer verantwortlich gemacht. So durchbohrte man Plazenta und Nabelschnurreste weil man befürchtete, sie könnte gegen lebende Kinder ausgetauscht werden. Gezeigt werden dazu zwei Tontöpfe aus der Zeit um 1700 mit „gepfählten“ Nachgeburten aus Süddeutschland.

Von den christlichen Kirchen wurden Vorstellungen von Untoten ab der frühen Neuzeit als Trugbilder des Teufels abgelehnt – wie sie sich gegenüber solchen Praktiken verhielt, bleibt in der Schau aber offen.

Wie ein ironischer Kommentar wirkt eine große leuchtende Vitrine, in der mehr als 60 kleine Reagenzgläser gleichmäßig angeordnet sind. In ihnen befindet sich Blut von an der Ausstellung beteiligten Kunstschaffenden und Kuratierenden. Mit dem Blut hätte man etwas Sinnvolleres anfangen können. Immerhin: Im Rahmen der Ausstellung ist auch eine Blutspendeaktion geplant, sie heißt: „Freier Eintritt für euer Blut“.

„Untot“: Bis zum 1. April im Schwedenspeicher Stade. Am 8. März um 19 Uhr sprechen Pastor Thomas Kück und der „Geisterjäger“ Thomas Pedall im Museum zum Thema „Auf Geisterjagd“.