Bundesweite Massenproteste gegen Rechtsextremismus

Die Demonstrationen gegen Rechtsextremismus haben sich am Wochenende zu einer massiven Protestwelle ausgeweitet. Die Kundgebung in München musste wegen Sicherheitsbedenken abgebrochen werden.

Demo gegen Rechts: In Frankfurt reichte der Römerberg bei Weitem nicht aus, um die Menschen zu fassen
Demo gegen Rechts: In Frankfurt reichte der Römerberg bei Weitem nicht aus, um die Menschen zu fassenepd-bild/ Christiane Stock

In Deutschland sind am Wochenende Hunderttausende Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gegangen. Vielerorts kamen deutlich mehr Demonstranten als erwartet zu den Protesten. Die Kundgebung in München musste wegen Überfüllung abgebrochen worden. Die Polizei sprach dort von rund 100.000 Teilnehmern und teilte mit, sie könne nicht mehr für die Sicherheit der Demonstranten sorgen. Ebenfalls rund 100.000 Protestierende zählte die Polizei rund um das Reichstagsgebäude in Berlin.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte das Engagement der Demonstranten. „Diese Menschen machen uns allen Mut“, sagte er in einer am Sonntag veröffentlichten Videobotschaft. „Sie verteidigen unsere Republik und unser Grundgesetz gegen seine Feinde. Sie verteidigen unsere Menschlichkeit.“

In Frankfurt musste die Kundgebung auf umliegenden Straßen ausgeweitet werden

In Bremen kamen am Sonntag mehr als 40.000 Menschen zusammen, in Köln bezeichnete die Polizei die von den Veranstaltern genannte Teilnehmerzahl von 70.000 als „nicht unrealistisch“. Etwa 50.000 Menschen versammelten sich nach Angaben der Organisatoren in Dresden, rund 40.000 in Leipzig.

In Frankfurt am Main, wo die Polizei am Samstag mehr als 35.000 Menschen zählte, musste der Bereich der Kundgebung vom Marktplatz Römer auf die umliegenden Straßen und Plätze ausgeweitet werden. Etwa 35.000 Menschen demonstrierten am Samstag in Hannover. Auch in zahlreichen weiteren Städten versammelten sich jeweils Tausende.

 

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Auslöser der Protestwelle war eine „Correctiv“-Recherche über ein Treffen von AfD-Vertretern mit Neonazis und Unternehmern Ende November. Dabei wurde über die massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte gesprochen.

Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch: Klare Kante gegen Rechtsextremismus

„Das, was ihr hier zeigt, ist gelebter Verfassungsschutz“, rief der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) den Protestierenden in Hannover zu. Die AfD und die Rechtsextremen verschöben die Grenzen des Sag- und Denkbaren nach rechts. „Migrantinnen und Migranten, seien sie kurz hier oder auch in der vierten Generation, sie alle sind Teil unserer Gemeinschaft“, unterstrich Weil.

 

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Der hannoversche evangelische Landesbischof Ralf Meister sagte, es sei wichtig, die Demokratie zu verteidigen und sich für sie einzusetzen. Wer dagegen anderen Menschen Rechte abspreche, vom völkischen Mythos fasele und das Parlament zur „Pöbelstube“ mache, sei ein „demokratischer Verräter“. Diakonie-Präsident Rüdiger Schuch forderte in Berlin klare Kante gegen Rechtsextremismus, Hass und Ausgrenzung. Es gehe darum, eine solidarische Gesellschaft der Vielfalt zu bewahren.

Extremismusforscher Andreas Zick: Stärkung der Demokratie

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) begrüßte die bundesweiten Demonstrationen. „Es stimmt mich sehr positiv, dass so viele Menschen in den vergangenen Tagen für die Demokratie auf die Straße gegangen sind“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Demokratie werde angegriffen und stehe vor großen Herausforderungen. „Wir müssen sie aktiv verteidigen“, mahnte Faeser.

Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) wertete die Proteste als „ermutigendes Zeichen für die Demokratie“. „Demokratie lebt von den Menschen, die dafür aufstehen“, sagte der Wirtschaftsminister der Augsburger Allgemeinen.

Der Extremismusforscher Andreas Zick sieht in den Demonstrationen gegen Rechtsextremismus eine Stärkung der Demokratie. Dass die Kirchen, Richter und die Unternehmen, die länger still gewesen seien, nun die Proteste begleiteten, zeige zudem, dass dies kein Strohfeuer sei, sagte Zick in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das sei der Versuch, die Brandmauer gegen Extremismus und Populismus wieder zu kitten.