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WSI-Studie empfiehlt positiven Zukunftsentwurf als Antwort auf AfD

Der in Teilen rechtsextremen Partei AfD gelingt es laut einer Studie vermehrt, Stimmen bei Wählerinnen und Wähler der demokratischen Mitte zu holen. Bei der Bundestagswahl im Februar hätten rund 60 Prozent der AfD-Neuwähler noch vier Jahre zuvor CDU/CSU, SPD und FDP gewählt, ergab eine am Freitag in Düsseldorf veröffentlichte Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.

Auch bei den vormaligen Nichtwählern konnte die AfD demnach hinzugewinnen: Ihr Anteil betrug zuletzt 15 Prozent. Niedrige einstellige Anteile entfielen dagegen auf Linke und Grüne. Der WSI hatte für die Studie im März knapp 6.700 Erwerbspersonen befragt. Bei der Bundestagswahl hatte die AfD 20,8 Prozent der Zweitstimmen erhalten – exakt doppelt so viele wie bei der vorletzten Wahl 2021.

Für die AfD-Wähler spielen nach Angaben des Studienautors Andreas Hövermann „ausgeprägte Benachteiligungsgefühle“ die ausschlaggebende Rolle, der Partei ihre Stimme zu geben. Besonders ausgeprägt sei die Ablehnung von Flüchtlingen und Bürgergeldbeziehern bei AfD-Wählern, sagte er. Sie hätten das Gefühl, von der Gesellschaft „systematisch vernachlässigt“ zu werden. Hövermann spricht von „empfundener relativer Deprivation“ als wichtigem Verstärker von Ungerechtigkeitsgefühlen.

Für die wissenschaftliche Direktorin des WSI, Bettina Kohlrausch, sind die Studienergebnisse ein Zeichen, dass es der AfD gelingt, erfolgreich Ängste und soziale Verunsicherungen zu schüren. „Ein Teil der Erwerbspersonen empfindet Transformationsprozesse, wie den sozial-ökologischen Wandel und die Digitalisierung, vor allem als Bedrohung des eigenen Status.“

Die Antwort auf diese Verunsicherung sollte ein „positiver demokratischer Zukunftsentwurf sein, der die soziale Absicherung gerade der Personen, die von dem Wandel des Arbeitsmarktes besonders betroffen sind, in den Mittelpunkt stellt“, erklärte das WSI. „Empörung über reale Ungerechtigkeiten“ sei zwar berechtigt. Gleichwohl müsse im gesellschaftlichen und politischen Diskurs eine klare Abgrenzung zur „diffamierenden, radikalen Emotionskultur“ der extremen Rechten erfolgen.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD Anfang Mai als „gesichert rechtsextremistische Bestrebung“ eingestuft. Dagegen geht die AfD juristisch vor. Die Einstufung ist daher ausgesetzt, bis das Verwaltungsgericht Köln über einen entsprechenden Eilantrag entschieden hat.