Woelki: Ukrainer setzen Hoffnung auf Friedens-Plattform mit Vatikan
Kardinal Woelki hat in der Ukraine eine große Entschlossenheit festgestellt, sich weiter gegen Russland zu verteidigen. Auch wenn Friedensverhandlungen nicht in Sicht seien, gebe es doch eine Idee, diese vorzubereiten.
Bei seiner Ukraine-Reise hat der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki eine große Hilflosigkeit festgestellt, wie der russische Angriffskrieg gegen das Land gestoppt werden kann. Immer wieder habe er aber die Forderung gehört, dass der Heilige Stuhl, das Rote Kreuz und andere Hilfsorganisationen eine Plattform schaffen sollten, wo zunächst einmal humanitäre Hilfe organisiert wird, sagte der Erzbischof am Sonntag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). “Und die Hoffnung ist, dass in nicht allzu langer Zeit Diplomaten und Politiker auf diese Plattform aufspringen können, um dann Friedensgespräche zu beginnen.”
Woelki hält sich seit Mittwoch in der Ukraine zu einem Solidaritätsbesuch auf und will am Montag zurückkehren. In Lwiw (Lemberg) und der Hauptstadt Kiew besuchte er karitative Projekte und traf Kirchenvertreter. Zudem war er in Irpin, Butscha und Hostomel, wo nach dem Abzug russischer Truppen hunderte Leichen gefunden worden waren. Auf einem Militärfriedhof sprach er mit Angehörigen von Gefallenen und predigte bei einer Trauerfeier für drei getötete Soldaten.
“Die Tränen der Mütter und Witwen – das bewegt mich zutiefst”, sagte Woelki. “Die Trauerfeier der drei gefallenen Soldaten werde ich nicht mehr vergessen. Die Bilder haben sich tief in meine Seele eingeprägt.”
Auf die Frage, ob die Ukrainer ans Aufgeben denken, sagte Woelki: “Die Menschen setzen alles daran, in einem souveränen Land zu leben. Sie wollen sich nicht mehr von Russland sagen lassen, was sie zu tun oder zu lassen haben.” Immer wieder habe er folgenden Gedanken gehört: “Die gefallenen Männer haben ihr Leben für unsere Freiheit gegeben und sie wollen nicht, dass wir in Unfreiheit zurückbleiben.” Die ukrainischen Gesprächspartner hätten sehr deutlich gemacht, dass sie nicht mehr das Leid erleben wollten, das es unter sowjetischer Besatzung gegeben habe.
Nach den Worten von Woelki befürchten die griechisch-katholischen Bischöfe, dass ihre Priester und deren Familien erneut in Gulags müssten und ihre Kirche ausradiert werde. “Die einzige Sicherheit für ein Leben in Freiheit sehen sie darin, dass die Ukraine Mitglied der Europäischen Union und der Nato wird.”
Die katholische Kirche in Deutschland sollte nach Ansicht Woelkis die griechisch-katholische und die lateinische Kirche in der Ukraine dabei unterstützen, den vielen Binnenflüchtlinge zu helfen. Etwa 40 Prozent der Einwohner seien aus den ostukrainischen Gebieten geflohen. “Und wenn Russland die Ukraine unterwirft, dann ist damit zu rechnen, dass diese Menschen nach Polen und Deutschland weiter fliehen. Wir sprechen hier von 10 bis 14 Millionen Ukrainern”, sagte der Kardinal.