Wo Senioren zu Computer-Experten werden

Wer sagt denn, dass Ältere nichts mehr am Computer lernen können? Ein Kurs in einer Hamburger Kirchengemeinde beweist das Gegenteil.

Kursleiter Thomas Kaeding und seine Schützlinge am Computer
Kursleiter Thomas Kaeding und seine Schützlinge am ComputerFriederike Lübke

Jenfeld. Die erste Stunde werden die Teilnehmer nie vergessen. Kursleiter Thomas Kaeding ließ sie  Computer auseinandernehmen, bis sie die Festplatte freigelegt hatten. Die älteren Damen drehten die Teile in der Hand. „Und jetzt baut sie wieder zusammen“, sagte Thomas Kaeding. Das war ein Scherz. Die Computer waren alt und sollten ohnehin entsorgt werden. „Aber die Gesichter waren gut“, sagt Kaeding.
In der Gemeinde „Der gute Hirte“ bringt er seit rund zwei Jahren einmal in der Woche Älteren bei, was man alles am Computer tun kann. Er klärt Fragen, von Bildbearbeitung über  Excel  oder Online-Banking bis hin zu WhatsApp. Die Übung am Anfang hatte ein Ziel: Thomas Kaeding wollte den Teilnehmern die Angst nehmen. Manche Ältere tun sich schwer mit der Technik und dem Internet. Dabei gibt es dafür keinen Grund, findet Kaeding.

Selbst gemacht: Präsentation mit Urlaubsfotos

Dienstagabend, 19 Uhr: Im Keller des Gemeindehauses ist es angenehm kühl. Die Laptops stehen schon in zwei Reihen bereit, schwarze Kabel ringeln sich über die Tische. Die Trommelgruppe, die in einem der oberen Räume übt, ist hier unten nicht mehr zu hören, stattdessen nur die Stimmen der Frauen, die sich unterhalten. Männer sind an diesem Abend nicht gekommen. Die Frauen fahren die Laptops hoch und unterhalten sich. Sie sind von Anfang an dabei und inzwischen Profis.
Eine hat eine Einladungskarte mitgebracht, die sie im Kurs gestaltet hat und nun professionell hat drucken lassen. Eine andere erzählt von ihrer Fotopräsentation mit den Urlaubsbildern aus Andalusien. Trotzdem tauchen immer wieder Probleme auf, bei denen sie Kaedings Hilfe brauchen. Wo ist der aus Versehen verschobene Foto-Ordner? Kaeding hilft bei der Suche. Und was kann man tun, wenn die komplette Telefonanlage ausgefallen ist, Internet inklusive? „Thermischer Fehler“, vermutet Kaeding. Die vergangenen Tage waren heiß. Er rät, an allen Kabeln und Steckern zu ruckeln. Eine andere Teilnehmerin möchte wissen, wie sie auf dem Computer in ihrem E-Mail-Postfach eine Nachricht weiterleiten kann: „Auf meinem Smartphone kann ich das!“, sagt sie.
Kaeding ist weder Informatiker noch Lehrer, sondern arbeitet als Abfall- und Gefahrgutberater in einem Mineralölwerk. Außerdem ist er schon lange in der Gemeinde aktiv. Sein Computerwissen hat er sich selbst beigebracht, und zwar „seit Computer auf dem Markt sind“, wie er sagt. Deshalb weiß er nicht nur viel, sondern hat auch viel Geduld mit den Teilnehmern.

Workshops sollen folgen

Er freut sich, wenn sie am Ende ein Ergebnis sehen können und zum Beispiel selbst eine Power-Point-Präsentation erstellen. Den Teilnehmerinnen gefällt nicht nur die Geduld ihres Kursleiters, sondern auch, dass er sich nach ihrem Tempo richtet. Dabei hatte Kaeding ursprünglich andere Pläne mit diesem Kurs. „Ich hatte gehofft, eine kleine Gruppe für Multimedia zusammenzubekommen, die sich vielleicht später um die Internetseite der Gemeinde kümmert“, sagt er. Stattdessen ist es mehr ein Grundlagen-Kurs geworden. Manche Stunden hat er selbst so viel gesprochen, bis er heiser war. Lieber aber lässt er die Teilnehmer selbst machen und hilft, wenn sie nicht weiterkommen.
Zum Winter möchte er Workshops zu speziellen Themen wie Smartphone-Nutzung oder Skypen anbieten. Er könnte sich auch vorstellen, mit Jugendlichen Techniken zu üben, die sie in der Schule brauchen könnten, zum Beispiel für Referate. Dass die Gemeindemitglieder irgendwann nur noch vor dem Bildschirm sitzen, ist nicht zu befürchten. Kaeding sagt: „Wir sind in der Lage elektronisch zu kommunizieren, aber der Kontakt von Mensch zu Mensch ist beliebter.“
Info
Wer Interesse an dem Kurs hat, kann sich bei der Gemeinde unter Tel. 040 / 653 59 97 melden.