„Wir haben einen Giganten verloren“

Letzte Ehre für Helmut Schmidt: Beim Staatsakt im Michel würdigte Bürgermeister Olaf Scholz den verstorbenen Altkanzler als „Giganten“, für Henry Kissinger war er „eine Art Weltgewissen“.

Helmut Schmidt bei einer Veranstaltung in Münster vor drei Jahren.
Helmut Schmidt bei einer Veranstaltung in Münster vor drei Jahren.epd

Hamburg. Abschied von Helmut Schmidt: Mit einem Staatsakt im Michel haben die Spitzen des Staates und politische Weggefährten dem verstorbenen Altbundeskanzler am Montag die letzte Ehre erwiesen. "Helmut Schmidts Tod ist für uns alle eine herbe Zäsur", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei dem Staatsakt mit 1.800 geladenen Gästen. Der frühere US-Außenminister Henry Kissinger, ein langjähriger Freund des Verstorbenen, sagte: "Er war eine Art Weltgewissen."
Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) würdigte Schmidt als Staatsmann und "öffentlichen Intellektuellen". "Wir haben einen Giganten verloren", sagte Scholz in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis, die das Wahrzeichen der Hansestadt ist.
Scholz ging auch auf die Pariser Terroranschläge vom 13. November mit 130 Toten ein. Die offene Gesellschaft, die Helmut Schmidt so am Herzen gelegen habe, habe erbitterte Feinde, sagte der Erste Bürgermeister. "Wir werden die Freiheit, die Gleichheit und die Brüderlichkeit unserer offenen Gesellschaft gegen diese feigen Angriffe verteidigen", betonte der SPD-Politiker.

Helmut Schmidt – eine „Instanz“

Scholz wies auch auf die Rolle Schmidts als politischer Publizist und "öffentlicher Intellektueller" hin, die dieser nach seinem Abschied aus dem Kanzleramt als "Zeit"-Herausgeber über Jahrzehnte ausgefüllt habe.
Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte Schmidt als „Instanz“. Der Abschied von einem Menschen seines Alters sollte die Hinterbliebenen nicht völlig unerwartet treffen, sagte Merkel. Dennoch treffe sein Tod schwer. Er reiße eine Lücke in die politische und publizistische Landschaft, so die Kanzlerin.
Merkel würdigte den Mut und die Standhaftigkeit des früheren Regierungschefs. Dabei erinnerte sie an Schmidts Entscheidung als Hamburger Innensenator, bei der Sturmflut 1962 trotz verfassungsrechtlichem Verbot die Bundeswehr zur Hilfe einzusetzen. Schmidt habe vorgelebt, dass außergewöhnliche Situationen außergewöhnliche Maßnahmen erforderten, sagte Merkel.

Predigt von Hauptpastor Röder

Der Staatsakt hatte mit einem Gottesdienst und einer Predigt von Hauptpastor Alexander Röder begonnen. Der Sarg des Verstorbenen war während des Staatsaktes vor dem Altar im barocken Innenraum der Kirche aufgebahrt, bedeckt von der schwarz-rot-goldenen Bundesflagge. Unter den Gästen waren die Spitzen der Verfassungsorgane, darunter Bundespräsident Joachim Gauck, sowie zahlreiche amtierende und frühere Spitzenpolitiker aus dem In- und Ausland. Neben Schmidts Tochter Susanne und seiner Lebensgefährtin Ruth Loah waren zahlreiche politische Weggefährten gekommen, unter ihnen Frankreichs Ex-Präsident Valery Giscard d’Estaing.
Schmidt war am 10. November im Alter von 96 Jahren in seiner Heimatstadt Hamburg gestorben. Der Sozialdemokrat war von 1974 bis 1982 Bundeskanzler. Von 1983 bis zu seinem Tod war er Herausgeber der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit".
Nach dem Staatsakt und einem großen militärischen Ehrengeleit am Mittag sollte Schmidts Leichnam zum Ohlsdorfer Friedhof überführt werden. Zehntausende Menschen wurden an der Strecke zum Friedhof erwartet. (epd)