Wie der Katharinenaltar in Brandenburg zu seiner Frauenpower kommt

Der Katharinenaltar in der Pfarrkirche St. Katharinen in Brandenburg an der Havel wird restauriert. Die mittelalterlichen Frauendarstellungen sind bemerkenswert, findet Kunstexpertin Claudia Rückert.

Katharinenaltar in der Pfarrkirche St. Katharinen in Brandenburg an der Havel
Katharinenaltar in der Pfarrkirche St. Katharinen in Brandenburg an der HavelIMAGO / Peter Schickert

Die spätgotische Hallenkirche St. Katharinen, die Stadtpfarrkirche der Brandenburger Neustadt, gehört zu den beeindruckendsten Kirchenbauten im Land Brandenburg. Der Neubau der im 15. Jahrhundert vollendeten Katharinenkirche mit den Nebenpatronen Amalberga und Nikolaus erfolgte ab 1381 an der Stelle eines romanischen Vorgängerbaus. Berühmt ist die Stadtpfarrkirche wegen ihrer herausragenden Backsteinarchitektur des aus Stettin stammenden Hinrich Brunsberg, der auf einer Tontafel an der Nordkapelle als Baumeister 1401 erstmals namentlich erwähnt wird.

Versteckte Inschriften hinter dem Altar

Doch nicht nur die Architektur, auch das Inventar der Katharinenkirche ist in Umfang und Qualität bemerkenswert. Eines ihrer bedeutenden Ausstattungsstücke, der Hochaltar, auch als Katharinenaltar bezeichnet, wird gegenwärtig wegen akuter Schäden an den Gemälden und Skulpturen restauriert. Das dreifach wandelbare Hochaltarretabel, ein Altaraufsatz mit Werktags-, Sonntags- und Festtagsseite sowie Predella, einem Sockel, und Gesprenge ragt über acht Meter in die Höhe und ist über fünf Meter breit. Wie bei mittelalterlichen Flügelaltären häufig zu sehen, schmücken Malereien die Werktags- und Sonntagsseite, farbig gefasste Schnitzfiguren und Reliefs hingegen die hierarchisch höherstehende Festtagsseite.

Außenansicht der St. Katharinenkirche in Brandenburg an der Havel
Außenansicht der St. Katharinenkirche in Brandenburg an der HavelIMAGO / Werner Otto

Während der Restaurierung im 19. Jahrhundert wurde hinter den Schreinfiguren eine Inschrift entdeckt: „Anno MCCCCLXXIIII per Gerard Weger“ („Im Jahr 1474 von Gerard Weger“). Auch im etwa zwölf Kilometer entfernten Meßdunk wurde hinter den Figuren des Altarschreins, der heute in der Reckahner Kirche steht, eine vergleichbare, aber ebenfalls nicht mehr vorhandene Inschrift – „Gerard Weger 1474“– gefunden.

Altar wurde aufgrund der Schäden kaum mehr gewandelt

Die Inschriften und weitere Altäre in der Umgebung Brandenburgs lassen darauf schließen, dass hier der Leiter einer größeren Retabelwerkstatt signierte. Die Werktagsseite zeigt Szenen aus der Passion Christi und die Sonntagsseite die Viten der beiden Kirchenpatroninnen Katharina und Amalberga. Im Schrein der Festtagsseite steht Maria mit Kind, umgeben von Engeln und Heiligen, links Andreas und Katharina, rechts Amalberga und Ägidius. Reliefs mit Darstellungen aus der Kindheit Jesu bereichern die Altarflügel. Auch auf der Predella sind Szenen aus der Katharinenvita zu finden.

In den vergangenen Jahrzehnten wurde der Altar aufgrund der zahlreichen Schäden kaum mehr gewandelt. Die meisten Besucherinnen und Besucher dürften nur mehr die Festtagsseite und die Predellenbilder wahrgenommen haben. Zur Zeit seiner Entstehung folgte das Umklappen der Flügel den Kirchenfesten im Jahreskreis. Nur an den hohen Feiertagen waren die Skulpturen zu sehen, an den Sonntagen und damit weitaus häufiger standen die Geschichten von Katharina und Amalberga im Mittelpunkt.

Detail aus Katharinenaltar in brandenburg an der Havel
Detail aus Katharinenaltar in brandenburg an der HavelClaudia Rückert

Das Patrozinium , die Schutzherrschaft der Amalberga, ist ungewöhnlich und wird mit dem Einfluss flandrischer Siedler in Brandenburg im 13. Jahrhundert in Verbindung gebracht. Auch die Darstellung ihrer Vita ist in der deutschen Kunst einzigartig. Amalberga ist eine im Kloster aufgewachsene Adlige aus Flandern, die sich geweigert haben soll, den Frankenkönig Karl Martell zu heiraten.

Spenden für Restaurierungen nötig

Die Darstellungen der Katharinenlegende auf der Sonntagsseite und zugleich auf der Predella betonen zwar die größere Wertschätzung der Hauptpatronin. Bemerkenswert ist jedoch, dass beide Bilderzyklen von gelehrten und eigenständigen Frauen berichten, die für ihren Glauben eine Ehe ablehnten. Auch Katharina hat der Legende nach die Hand des Kaisers ausgeschlagen. Es bleibt zwar spekulativ, doch womöglich sollte ein solches Bildprogramm gerade auch wissensdurstige und tatkräftige Frauen ansprechen und bestärken. Die ersten Gemälde und Skulpturen sind bereits restauriert, doch es gibt noch viel zu tun. Dafür benötigt die Kirchengemeinde noch finanzielle Unterstützung, etwa in Form von Spenden.

Claudia Rückert ist Kunstgutreferentin im kirchlichen Bauamt der Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO)