Westfälische Kirche: Präses-Amt wird reformiert

Der Rücktritt von Annette Kurschus als westfälische Präses war ein schwerer Schlag für die Landeskirche. Eine Sondersynode stellt nun die Weichen für die Nachfolge. Was die nächsten Schritte sind.

Nach dem Rücktritt von Annette Kurschus stellt sich die westfälische Kirche neu auf (Archiv)
Nach dem Rücktritt von Annette Kurschus stellt sich die westfälische Kirche neu auf (Archiv)epd-bild / Heike Lyding

Nach dem Rücktritt von Annette Kurschus als leitende Theologin der Evangelischen Kirche von Westfalen wird im November über ihre Nachfolge entschieden. Der oder die neue Präses wird bei der regulären Landessynode vom 24. bis 27. November gewählt, wie das Kirchenparlament der viertgrößten deutschen Landeskirche bei einer Sondertagung in Dortmund entschied. Nach der Wahl soll das als überfrachtet empfundene Spitzenamt neu zugeschnitten werden. Bis zu dieser Reform soll der oder die neue leitende Geistliche bereits „bestimmte Aufgaben dauerhaft an Stellvertretungen delegieren“.

Kurschus war im November nach fast zwölf Jahren als westfälische Präses zurückgetreten, auch ihr seit 2021 ausgeübtes Amt als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gab sie ab. Hintergrund waren Vorwürfe, sie sei mit einem Missbrauchs-Verdachtsfall an ihrem früheren Arbeitsort Siegen nicht ausreichend transparent umgegangen. Am 1. April übernimmt die 61-jährige Theologin neue Aufgaben als Pastorin und Seelsorgerin in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel in Bielefeld.

Präses-Aufgaben von Kirchenleitung bis EKD-Vertretung

Das Präses-Amt solle „einer kritischen Betrachtung unterzogen werden“, heißt es im Beschluss der Sondersynode, der mit 85 Prozent der Stimmen angenommen wurde. Der oder die neue Präses soll bereits Aufgaben teilen und die Erfahrungen in den Prozess zur Reform des Amts einbringen. Hintergrund ist die bisherige Aufgabenfülle: In der westfälischen Kirche umfasst das Präses-Amt neben der Kirchenleitung auch die Leitung der Landessynode und des Landeskirchenamts in Bielefeld. Außerdem gehört die Vertretung innerhalb der EKD und der Ökumene sowie in der Öffentlichkeit dazu. Hinzu kommen Aufgaben wie Verkündigung, Seelsorge, Beratung, Ordination und Visitationen.

Mit ihrem Beschluss folgte die Sondersynode der Kirchenordnung, die nach einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Präses-Amt eine Neuwahl „spätestens auf der nächsten ordentlichen Tagung“ vorsieht. Zur Debatte standen auch eine Verschiebung der Wahl und eine vorherige Amtsreform.

Bis zur Präses-Neuwahl im November wird die zwei Millionen Mitglieder zählende Landeskirche weiterhin kommissarisch vom theologischen Vizepräsidenten Ulf Schlüter geleitet. Nach seinen Worten befindet sich die westfälische Kirche nach dem Kurschus-Rücktritt in einer „historisch einmaligen, ungekannten Lage“. Er selbst stehe als Präses nicht zur Verfügung, sagte der 62-Jährige.

Westfälische Kirche vor „schwerwiegenden Herausforderungen“

Schlüter sieht die westfälische Kirche in den nächsten Jahren insgesamt vor „einer Reihe von schwerwiegenden Herausforderungen“, vor allem wegen sinkender Mitgliederzahlen und einer finanziellen Schieflage: „Angesichts der zuletzt stark gestiegenen Personal- und Sachkosten geraten alle kirchlichen Haushalte unter erheblichen Druck“, sagte er. Wegen struktureller Probleme müsse innerhalb von drei Jahren ein ausgeglichener landeskirchlicher Haushalt erreicht werden, das sei nur „mit erheblichen Eingriffen in die Arbeitsbereiche der Landeskirche“ machbar.