Wenn die Weihnachtsbotschaft wärmt

Die Heiligabend-Gottesdienste sind auch in diesem Jahr eine Herausforderung. Gemeinden in Westfalen und Lippe reagieren so kreativ wie in den vergangenen Jahren: von Winterkirche bis hin zu Gottesdiensten draußen.

Diese drei sind gut gerüstet für den Weihnachtsgottesdienst – egal, ob in der Kirche oder draußen.
Diese drei sind gut gerüstet für den Weihnachtsgottesdienst – egal, ob in der Kirche oder draußen.Vitalii_Mamchuk

Die Winterkirche im Gemeindehaus der Auferstehungs-Kirchengemeinde in Münster ist ein Novum in diesem Jahr. „Wir sehen das als Akt der Solidarität und gleichzeitig natürlich als Möglichkeit zum Sparen“, erklärt Pfarrer Moritz Gräber. Die Gemeindeglieder reagierten verständnisvoll und sind inzwischen auch ganz angetan von der gemütlichen Atmosphäre im zum Gottesdienstraum umgestalteten Gemeindesaal.

Der allerdings ist mit 40-60 Personen gut gefüllt, wie Gräber erklärt – und zu Weihnachten kämen gut 400 Leute pro Gottesdienst. Darum war von Anfang an klar: Heiligabend wird eine Ausnahme. Dafür wird die Auferstehungskirche von 9 auf 16 bis 17 Grad hochgeheizt – langsam natürlich, wie es Heizungsexperten empfehlen. „Es soll wenigstens so warm werden, dass Kinder vorne mit Kissen auf dem Boden sitzen können“, sagt Gräber.
Bewusst hat sich die Gemeinde in diesem Jahr für die Kirche entschieden, denn: „Wir hatten während Corona ein tolles Heiligabend-Format für drinnen und draußen entwickelt, das wir vielleicht in den nächsten Jahren auch wieder anbieten“, so Gräber. „Aber in diesem Jahr freuen wir uns auf ganz klassische Weihnachtsgottesdienste in der Kirche, mit Weihnachtsbaum, Krippenspiel und allem, was
dazugehört.“ leg

Christvesper vor der Kirche

Davon hatte Reinhard Lohmeyer schon lange geträumt: ein Heiligabend wie die vorweihnachtlichen Vespern vor der Frauenkirche in Dresden. Tausende von Menschen, die auf dem Kirchplatz Gottesdienst feiern. Wahr geworden ist dieser Traum erstmals 2021 „dank“ Corona. Und es war, wie der Ibbenbürener Pfarrer berichtet, eine „überwältigende Erfahrung“. Nicht Tausende, aber immerhin 800 Menschen zogen von verschiedenen Punkten der Stadt aus mit Lichtern ausgestattet und singend zur Ibbenbürener Markuskirche. Da gab es dann einen kurzen Gottesdienst in gelöster und freudiger Stimmung.

Weil immer noch viele Menschen in Sorge sind vor Corona oder anderen Atemwegserkrankungen und wegen der tollen Resonanz in der Gemeinde steht nun eine Wiederholung an. Und zwar mit zwei Sternwanderungen und zwei Gottesdiensten. Klar, man hätte auch wieder in der Kirche feiern können – sie ist auf 14 Grad geheizt, was laut Lohmeyer aufgrund der Fußbodenheizung erträglich ist –, aber die Open-Air-Gottesdienste erschienen dann doch reizvoller.

Ob sie in Ibbenbüren zur Tradition werden? Da möchte Lohmeyer der Gemeinde nicht vorgreifen. Er geht im Mai in den Ruhestand. Aber vorstellen kann er sich das schon… hei

Gottesdienst mit Mütze und Handschuhen

In der Kirchengemeinde Borchen bei Paderborn hat man sich gut daran gewöhnt, dass die Kirche seit Oktober höchstens 14 Grad warm wird, erzählt Pfarrerin Sabine Sarpe. Die Gemeinde hat „darauf hingewiesen, dass es ratsam ist, sich mit dicken Socken, warmer Kleidung, Handschuhen und Mützen auszurüsten.“ Nach den Gottesdiensten könne man im Gemeindehaus einen Tee bekommen. „Bis jetzt ist noch nichts Dramatisches passiert und es war auch noch nicht so kalt, dass wir im Gottesdienst Heißgetränke anbieten mussten.“ So will die Gemeinde es den ganzen Winter über handhaben.

Der nur 30-minütige Nachmittagsgottesdienst an Heiligabend mit dem Krippenspiel der Konfirmanden findet auf dem Sportplatz neben der Kirche statt. Dieses Angebot gab es erstmalig 2021. Bis 2019 gab es an Heiligabend immer vier Gottesdienste, weil die Kirche relativ klein ist und deshalb nicht alle Interessenten denselben Gottesdienst besuchen können. Der Sportplatz ist dagegen groß genug für alle. Wer dort nicht im Freien stehen will, kann sich auch die Live-Übertragung des Gottesdienstes in der Kirche ansehen. mwi

Stationen-Gottesdienst rund um die Kirche

In der Gemeinde in Unna-Königsborn gibt es Heiligabend diesmal einen Stationen-Gottesdienst. „Rund um die Kirche wird es neun Stationen geben“, berichtet Pfarrerin Kristin Busch-Zimmermann. An vier Pavillons erzählen Konfirmandinnen und Konfirmanden die Weihnachtsgeschichte nach Lukas. „Da haben sie viel Freiheit, ich überlasse es ihnen, in welcher Form sie das tun möchten.“ Daneben gibt es zum Beispiel Gebetsstationen oder eine, wo das Friedenslicht aus Bethlehem weitergegeben wird. „Ich stelle mir das ein bisschen vor wie im Märchenwald, wo man umherwandeln kann.“

Anschließend können die Menschen in die Kirche gehen. Dort gibt ihnen die Pfarrerin den Weihnachtssegen auf den Weg. „Außerdem wird Weihnachtsmusik gespielt, da können die Menschen so lange bleiben, wie sie möchten.“ Los geht es um 15 Uhr und gegen 17 Uhr ist das Ende geplant. „In dieser Zeit können alle kommen und gehen – wie es bei ihnen passt. Manche sind vielleicht in 20 Minuten schon durch, aber das kann jede und jeder im eigenen Tempo machen.“

In der zweiten Kirche in der Gemeinde steht ein klassischer Weihnachtsgottesdienst auf dem Plan. Beide Kirchen werden zu Weihnachten vorerst das letzte Mal geheizt. Danach geht es zu den Gottesdiensten in die Gemeinde­häuser. kil

Gottesdienst unter Decken

Kuschelig geht es in der St. Johanniskirche Herford zu. Bevor am Heiligen Abend der Gottesdienst beginnt, werden Decken verteilt. „Die Frage, wie hoch wir die Heizung für den Gottesdienst drehen, stellt sich für uns gar nicht“, erklärt Lilli Tscheche vom Gemeindebüro der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde Herford-Mitte. Und ihre Kollegin Beate Steffen ergänzt: „Wir haben nämlich gar keine.“ Die Kirche bleibt kalt. Als vor Jahren die Heizungsanlage kaputtging, entschied sich die Gemeinde, die hohen Kosten lieber nicht aufzubringen. Sparvorgaben müssen ja auch irgendwie umgesetzt werden.

Im Sommer spielt das keine Rolle. Als „Offene Kirche“ und Ort für Kulturveranstaltungen ist die Johanniskirche beliebt. In den Wintermonaten geht es dann rüber in die benachbarte Kirche St. Jakobi.

Nur am Heiligen Abend, da füllt sich die Johanniskirche wieder. Wenn der Lichterglanz die Kälte durchdringt, hat der Gottesdienst unter Decken eine ganz eigene, ursprüngliche Stimmung. „Schließlich haben die Menschen jahrhundertelang so Weihnachtsgottesdienste gefeiert“, schwärmt Beate Steffen. Heiligabend ist auch sie wieder dabei. gmh