Weltkirchenrat: Erklärung des russischen Konzils inakzeptabel

Eine Erklärung aus Russland unter der Ägide des Moskauer Patriarchen nennt den Angriff auf die Ukraine einen „Heiligen Krieg“. Der Weltkirchenrat in Genf stellt seine Mitgliedskirche dafür nun zur Rede.

Der Weltkirchenrat (Ökumenischer Rat der Kirchen, ÖRK) hat die Darstellung des russischen Angriffs auf die Ukraine als „Heiliger Krieg“ deutlich zurückgewiesen. Generalsekretär Jerry Pillay erklärte am Freitag in Genf im Namen der Mitgliedskirchen, der ÖRK könne die jüngste Erklärung des kirchennahen „Weltkonzils des Russischen Volkes“ nicht nachvollziehen.

Der Weltkirchenrat könne kein Narrativ akzeptieren, das Russlands illegalen und ungerechtfertigten Einmarsch in sein souveränes Nachbarland Ukraine darstelle als „eine neue Etappe des nationalen Befreiungskampfes des russischen Volkes gegen das verbrecherische Kiewer Regime und den dahinter stehenden kollektiven Westen, der seit 2014 in den Gebieten Südwestrusslands geführt wird“. Auch werde man nicht die Perspektive hinnehmen, so Pillay, dass „das gesamte Gebiet der modernen Ukraine in eine Zone des ausschließlichen Einflusses Russlands übergehen sollte“.

Ende März hatte das Weltkonzil des Russischen Volkes (WKRV) eine Grundsatzerklärung beschlossen, nach der eine staatliche Unabhängigkeit der Ukraine kategorisch ausgeschlossen wird. Russlands Krieg in der Ukraine sei demnach „aus spiritueller und moralischer Sicht ein Heiliger Krieg“. Es gehe um eine „Verteidigung des einheitlichen geistigen Raums der Heiligen Rus'“ gegen den „Ansturm des Globalismus“ und den Westen, der dem Satanismus verfallen sei. Vorsitzender des Weltkonzils ist der Moskauer Patriarch Kyrill I. Die russisch-orthodoxe Kirche ist auch Mitgliedskirche im ÖRK.

Pillay erinnerte daran, dass seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 die höchsten Leitungsgremien des ÖRK nachdrücklich die Position bekräftigt hätten, dass „Krieg mit Gottes Wesen und Willen für die Menschheit unvereinbar ist und gegen unsere grundlegenden christlichen und ökumenischen Prinzipien verstößt“. Der ÖRK habe die Invasion in der Ukraine ausdrücklich als illegal und nicht zu rechtfertigen verurteilt. Darüber hinaus lehne man „jeden Missbrauch religiöser Sprache und Autorität zur Rechtfertigung von bewaffneter Aggression und Hass“ ab.

Der ÖRK-Generalsekretär erklärte, er habe sich schriftlich an Patriarch Kyrill gewandt, um zu klären, ob das jüngste Dekret als Ausdruck der eigenen Position der russisch-orthodoxen Kirche zu verstehen sei; zudem, wie eine ÖRK-Mitgliedskirche solche Positionen vertreten könne und wie sie mit dem übereinstimmten, was er selbst direkt vom Patriarchen bei einem Besuch im Mai 2023 in Moskau gehört habe.

Dem Weltkirchenrat gehören derzeit 352 protestantische, anglikanische, orthodoxe und altkatholische Kirchen sowie kirchliche Gemeinschaften in mehr als 110 Ländern an. Sie repräsentieren nach eigenen Angaben weltweit rund 580 Millionen Christen.

Der Weltbund wurde im August 1948, vor knapp 75 Jahren, in Amsterdam gegründet; heute ist der Sitz in Genf. Generalsekretär ist seit Jahresbeginn der südafrikanische reformierte Theologe und Pastor Jerry Pillay (59); Vorsitzender des ÖRK-Zentralausschusses ist der Deutsche Heinrich Bedford-Strohm (64), zuvor Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der ÖRK versteht sich als Gemeinschaft von Kirchen, nicht als eine „Überkirche“. Die katholische Kirche ist nicht Mitglied des ÖRK. Seit 1961 nehmen aber Beobachter der katholischen Kirche teil.