Weiterer Ruf nach Reform des Gemeinnützigkeitsrechts

Wer als gemeinnützig anerkannt ist, wird steuerlich begünstigt und kann Spenden annehmen. Doch der Bundesfinanzhof legt die Kriterien sehr eng aus. Organisationen, die gegen rechts kämpfen, sehen ihre Existenz bedroht.

Die stellvertretende Vorsitzende des Bundestags-Unterausschusses Bürgerschaftliches Engagement, Ariane Fäscher (SPD), spricht sich für eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts aus. Der am Montag bekannt gewordene Protestbrief von über 100 Vereinen und Verbänden an Kanzler Olaf Scholz (SPD) zeige “den drängenden Bedarf einer Regelung, um einerseits die Organisationen nicht zu destabilisieren oder zu gefährden und andererseits die Wehrhaftigkeit unserer Demokratie nicht zu schwächen”, sagte sie dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (Dienstag).

Deshalb müsse klargestellt werden, dass und inwieweit sich gemeinnützige Organisationen politisch betätigen dürfen, so Fäscher weiter: “Die engagierte Zivilgesellschaft ist das Fundament unserer Demokratie. Sie muss geschützt und gefördert werden – nicht nur, aber dringend auch im Gemeinnützigkeitsrecht.”

In dem Brief an Scholz hatten unter anderem Flüchtlingsvereine, Kirchenverbände und Geschichtsvereine eine Reform des Gemeinnützigkeitsrechts angemahnt. Viele fürchten den Verlust der Gemeinnützigkeit, weil sie wegen des Erstarkens des Rechtsextremismus zu Demonstrationen aufgerufen hatten. Doch ohne den gemeinnützigen Status stehe ihre Existenz auf dem Spiel.

Die AfD hatte sich offenbar in manchen Fällen an die zuständigen Finanzämter gewandt. Laut Bundesfinanzhof sind Aktivitäten mit dem Ziel, die öffentliche Meinung zu beeinflussen, nicht gemeinnützig. Finanzbehörden hätten daher häufiger mit dem Verlust des gemeinnützigen Status gedroht, wenn der Einsatz für Grundrechte als “einseitig” beanstandet wurde.

Die Organisationen werfen der AfD vor, mit Hilfe der aktuellen Rechtslage Demokratiearbeit zu sabotieren, indem die Partei Initiativen anschwärze. Die Unterzeichner sind überwiegend kleine Organisationen aus Wohlfahrtspflege, Kirchen, Sport, Kultur und Bildung, Natur- und Umweltschutz sowie Demokratiearbeit. Die meisten sind im ländlichen Raum tätig.

Die Regierungsparteien hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, das Gemeinnützigkeitsrecht zu reformieren und die Zwecke der Gemeinnützigkeit zu erweitern und zu konkretisieren.

Als gemeinnützig werden Organisationen und Initiativen anerkannt, wenn sie “die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos fördern”. Wer als gemeinnützig anerkannt ist, ist steuerlich begünstigt und kann Spenden und Zuwendungen annehmen.