Was das Volk will

Das Volk hat gesprochen: Die AfD soll in den Bundestag einziehen. Aber was bedeutet das? Wieso ist der Rechtspopulismus im Aufwind? Die Evangelische Akademie lädt zur Diskussion nach Rostock und Stralsund.

Vor der Bundestagswahl bezogen mehrere Kirchen mit Plakaten wie hier in Berlin Stellung
Vor der Bundestagswahl bezogen mehrere Kirchen mit Plakaten wie hier in Berlin Stellungepd

Rostock/Stralsund. Dass die heftig umstrittene AfD in den deutschen Bundestag eingezogen ist – „nicht wenige nehmen das als Zäsur wahr“, sagt Nora Nübel vom Regionalzentrum für Demokratische Kultur in Stralsund. Doch nicht nur die AfD, sondern überhaupt der wachsende Zuspruch zum Rechtspopulismus in Deutschland werfe Fragen auf. „Wir sehen ihn als Symptom einer gesellschaftlichen Veränderung, über die wir ins Gespräch kommen wollen“, erklärt Nübel. An zwei Abenden im November lädt die Evangelische Akademie der Nordkirche, die seit zehn Jahren die Demokratiezentren in Stralsund und Rostock trägt, daher zu Interview, Lesung und Publikumsdebatte mit Justus Bender ein.
Bender ist Journalist, Philosoph, Politik-Kenner und fragt in seinem aktuellen Buch „Was will die AfD?“ nach den Anliegen der Partei und den Bedingungen für den Erfolg von populistischen Projekten überhaupt. „Besonders spannend ist, dass er diese Frage philosophisch angeht und bis zu Platons Freiheitsbegriff zurückgeht“, erklärt Nora Nübel. Unter anderem entfalte Bender mit Platon die These: „Wenn die Gier nach der Freiheit des Einzelnen alles andere übersteigt, geht das verloren, was die Gesellschaft zusammenhält.“

Afd-Themen waren gesetzt

So wie beim Brexit: Zwar habe die britische Bevölkerung mit ihrem Ruf nach einem Volksentscheid zum Thema mehr individuelle Freiheit eingefordert und kurzfristig auch erlangt. „Aber als der Brexit beschlossen war, haben viele gesagt: Das wollten wir eigentlich gar nicht“, sagt Nora Nübel. Viele hätten die Folgen zu wenig bedacht.
Wie sich Christsein und Rechtspopulismus zueinander verhalten – die meisten Berührungspunkte gibt es im evangelikalen Lager – soll ebenfalls mit Bender diskutiert werden, außerdem der Umgang der Medien mit rechtspopulistischen Thesen. „Es war ja so, dass die Themen, die die AfD gesetzt hat, vor der Bundestagswahl in Talkshows und Zeitungen die größte Rolle spielten“, sagt Nübel. Ständig habe im Fokus gestanden, wie Deutschland sich zur Flüchtlingsfrage verhalten solle. „Es gibt aber auch noch ganz andere wichtige Herausforderungen in unserem Land.“ Etwa die Frage, wie die Gesellschaft mit der wachsenden Digitalisierung umgehen wolle oder wie Bildung gelinge. 

Neue Argumente entdecken

Fertige Antworten sollen die beiden Abende nicht liefern. „Wie immer wollen wir als Evangelische Akademie zum Nachdenken anregen, neue Argumente und Facetten am Thema entdecken.“  
Die beiden Debatten in Rostock und Stralsund sind Teil einer nordkirchenweiten Themenwoche der Evangelischen Akademie rund ums Motto: „Dem Volks aufs Maul geschaut.“ In Anlehnung an ein Luther-Zitat wollen die Akademiemitarbeiter mit Kooperationspartnern fragen, wo das „Aufs-Maul Schauen“ aufhört und das „Nach-dem-Munde-Reden“ anfängt. Ins Leben gerufen wurde die Akademiewoche in Hamburg, mittlerweile finden Veranstaltungen im gesamten Gebiet der Nordkirche statt, rund um den Reformationstag.
Info
Unter dem Motto „Weckruf oder Menetekel? Der (rechte) Populismus fordert die Demokratie heraus“ lädt die Evangelische Akademie ein: 1. November 2017, 19.30 Uhr: Kulturkirche St. Jakobi, Stralsund. Moderation: Klaus-Dieter Kaiser, Direktor der Evangelischen Akademie der Nordkirche.
2. November 2017, 19.30 Uhr: Moderation: Dr. Gudrun Heinrich, Arbeitsstelle für politische Bildung an der Universität Rostock.
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