Warum Sport und Politik zusammengehören
Eine afghanische Sportlerin wird bei Olympia disqualifiziert, weil sie sich mit Frauen ihrer Heimat solidarisiert. Eine schlechte Entscheidung, Sport und Politik lassen sich sowieso nicht trennen.
Es war der Wettkampf ihres Lebens: Manizha Talas aus Afghanistan trat bei den Olympischen Spielen für das Team der Geflüchteten im Breakdance an. Aus ihrem Heimatland floh Talash, so ihr Künstlername, „weil die Taliban mich sonst geköpft hätten“, wie sie der BBC in einem Interview sagte. Beim Wettkampf in Paris hat sie nun einen Umhang gezeigt, auf dem stand: „Free Afghan Women“ („Befreit die afghanischen Frauen“). Man möchte es nicht glauben, aber die World Dancesport Federation hat diesen Spruch als „Zeigen einer politischen Botschaft“ gewertet und die Afghanin disqualifiziert – zu einem Zeitpunkt, als sie sportlich ohnehin schon ausgeschieden war.
Das Internationale Olympische Komitee erlaubt politische Botschaften seit den Spielen von Tokio 2021, solange sie sich nicht gegen Menschen und Länder oder deren Würde richten. Das kann in der Logik des Tanz-Verbands nur heißen: Talash ist disqualifiziert worden, weil sie die Taliban kritisiert hat – jenes mittelalterliche Regime, vor dem sie zu Recht Todesangst hat und das Frauen aus dem öffentlichen Leben verschwinden lässt.
Große Sportereignisse: Glanzvolles Licht für Diktaturen
Ohnehin ist es ein großer Irrtum zu glauben, Sport und Politik hätten nichts miteinander zu tun. Das Gegenteil ist der Fall: Sport ist schon immer politisch gewesen. Diktaturen holen große Sportereignisse gern in ihr Land, weil sie sich der Weltöffentlichkeit in einem glanzvollen Licht präsentieren können. Russland (erwiesenermaßen) und China (mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) betreiben Staatsdoping, weil sie mit sportlichen Erfolgen ihr System als überlegen darstellen können.
Und eben weil Sport politisch ist, richtet sich der Fokus auf die Aktiven. Sie können Zeichen setzen und Diskussionen anstoßen. So wie der russische Tennisspieler Andrej Rublev. Im Februar 2022, nur ein paar Tage nachdem Putins Truppen begonnen hatten, die gesamte Ukraine mit einem furchtbaren Krieg zu überziehen, schrieb er nach einem Spiel auf eine Kamera: „No war please“. Das war mutig und brachte die Diskussion um den Krieg in die Tennisszene, wo es vorher nur um Matchbälle und Netzroller ging.
Leider engagieren sich längst nicht alle Sportlerinnen und Sportler
Auch Ex-Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel war für politische Botschaften bekannt. Vor einem Rennen in Ungarn trug er ein T-Shirt in Regenbogenfarben mit der Aufschrift „Same Love“. Ein richtiges Zeichen in einem EU-Land, in dem die LGBTQ-Gemeinschaft immer noch unterdrückt wird. Der Automobilverband reagierte auf Vettels Aktion übrigens mit einer Verschärfung seiner Regeln.
Doch leider engagieren sich längst nicht alle Aktiven. So hat der ohnehin schon steinreiche Fußballer Cristiano Ronaldo in der sportlich bedeutungslosen saudi-arabischen Liga angeheuert und kassiert dort Berichten zufolge 100 Millionen Euro im Jahr. Ihn und andere Fußball-Profis am Ende ihrer Karrieren scheint es nicht zu stören, dass das saudische Königreich Frauenrechte und elementare Menschenrechte mit Füßen tritt. Man wünschte ihnen ein wenig von Talashs Mut.