Warum die Bibel so aktuell ist

Die Bibel zu kennen, das bedeute, die Wurzeln der eigenen Kultur zu kennen, meint Margot Käßmann. Auf Einladung der Bibelgesellschaft MV hält sie einen Vortrag in Schwerin.

Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann spricht vor der Bibelgesellschaft MV
Die frühere EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann spricht vor der Bibelgesellschaft MVJulia Baumgart

Schwerin. Wieso die Bibel unter den Deutschen immer weiter an Bedeutung verliert, immer weniger gelesen wird – im Grunde kann sich Margot Käßmann das nicht recht erklären. Mit der Säkularisierung habe es sicher zu tun, sagt die ehemalige Bischöfin der hannoverschen Landeskirche und EKD-Ratsvorsitzende, die auch Botschafterin der Luther-Dekade war. „Aber die Bibel ist ja nicht nur ein Glaubensbuch, sondern auch ein Kulturgut!“ Voller starker Geschichten stecke sie, in denen es um die Ur-Themen des Menschseins gehe, um Existenzielles. „Diese Geschichten prägen uns bis heute, auch wenn das vielen vielleicht nicht mehr bewusst ist.“

Am Samstag, 23. April, um 16 Uhr will Margot Käßmann diese und ähnliche Überlegungen in einem Vortrag zur Bedeutung der Bibel heute präsentieren. In Schwerin spricht sie auf Einladung der Bibelgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, die dort ihre jährliche Mitgliederversammlung abhält.

Das Schwerste, was Jesus hinterlassen hat

Bei den „Ur-Themen der Menschheit“ denkt Käßmann etwa an die Verführbarkeit des Menschen, die schon bei Adam und Eva zum Ausdruck komme. Oder an den Neid, der bei Kain und Abel bis zum Brudermord führe. Oder an die Versöhnung, die Jakob und Esau nach Jahren im Streit miteinander feiern konnten. Auch zum Ukraine-Konflikt habe die Bibel etwas zu sagen, findet die Theologin. „Jesus predigt ganz klar die Gewaltlosigkeit.“ Das Gebot der Feindesliebe, der Aufruf, die eine Wange hinzuhalten, wenn man auf die andere geschlagen worden sei – „Martin Luther King hat mal gesagt, das sei das Schwerste überhaupt, was Jesus uns hinterlassen hat.“ Aber vielleicht auch das, was die größte Veränderung auf Erden bewirken könnte.


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Würde die Bibel nicht mehr gelesen, „gingen uns die Wurzeln verloren“, meint Margot Käßmann zudem. Die Zehn Gebote etwa transportierten Werte, die auch für nicht-religiöse Menschen von zentraler Bedeutung seien. „Nicht stehlen, nicht falsch Zeugnis ablegen – durch solche Gebote wird Vertrauen ermöglicht.“ Gäbe es die Bibel nicht: „Woher sollten wir dann unsere Werte nehmen?“

Johannes Pilgrim, Geschäftsführer der Bibelgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern, ist glücklich, Margot Käßmann für den Vortrag gewonnen zu haben. Auch er findet: Die Bibel werde heute völlig unterschätzt. „Ihre Narrative sind in der Bedeutungslosigkeit versunken. Dabei ist die Bibel ein Kompass für Herzensgüte, Frieden und Gerechtigkeit.“ Er hoffe, dass Margot Käßmann es mit ihrer Popularität, Klarheit und Eloquenz schaffe, die Begeisterung für dieses Buch neu zu wecken – unter den Mitgliedern der Bibelgesellschaft und allen anderen Gästen.

Info
Um Anmeldung bei Geschäftsführer Johannes Pilgrim wird gebeten unter mpbg@bibelzentrum-barth.de oder unter Telefon 03831 / 289 33 24. Der Vortrag beginnt am Samstag, 23. April, um 16 Uhr im Wichernsaal der Diakonie in Schwerin in der Apothekerstraße. Im Anschluss ist Zeit zum Austausch bis 18 Uhr. Am Sonntag, 24. April, um 10 Uhr, predigt Margot Käßmann in Granzin bei Boizenburg.