Vom Kirchenrebell zum Gospelpastor

Die Möwen muss er in Bremerhaven lassen. Dafür bringt Christopher Schlicht viele Ideen von der „Waterkant“ mit nach Hannover, wo er neuerdings als Gospelkirchen-Pastor arbeitet.

Christopher Schlicht wird „Gospelpastor“ in Hannover
Christopher Schlicht wird „Gospelpastor“ in Hannoverepd-bild/ Kay Michalak / fotoetag

An der Begrüßungsformel für seine neue Gemeinde muss Christopher Schlicht noch feilen. Er schwanke zwischen „Na, ihr Lieben?“ und „Hallöchen“, erzählt er schmunzelnd. „Es muss halt passen.“ Erst Mitte Februar ist der 35-jährige Theologe, der in seiner bisherigen Gemeinde in Bremerhaven durch ungewöhnliche Gottesdienste wie auch sein Auftreten von sich reden machte, in seinen neuen Dienst bei der Gospelkirche Hannover eingeführt worden. Zusammen mit Kantor Jan Meyer und vielen Engagierten soll er die Gospelgemeinde weiterentwickeln und für neue Beteiligungsformate sorgen.

Überall trägt er sein Karohemd: Christopher Schlicht bei der Einführung als Hannovers Gospelpastor.
Überall trägt er sein Karohemd: Christopher Schlicht bei der Einführung als Hannovers Gospelpastor.Michael Eberstein

Bei einem Vertretungsgottesdienst im vergangenen Jahr hat Schlicht bereits erleben können, wie mitreißend die Gottesdienste in der Gemeinde in Hannover-Linden sind, die seit 2002 ihren Schwerpunkt auf Gospel setzt. „Vom ersten Lied an hat mich der Chor an die Wand gedrückt“, schwärmt Schlicht. „So viel Liebe kam da rüber.“ Er habe gegrinst, geklatscht und beim letzten Lied sogar getanzt. „Ich kann leider nicht so gut singen. Aber ich spüre, wenn Menschen mit ihrem ganzen Herzen dabei sind“, sagt Christopher Schlicht, der privat Elektro- und Rockmusik hört.

Sein Markenzeichen: Karohemd mit Teddyfell

Mit dem Wechsel nach Hannover will Schlicht an Ideen anknüpfen, die er mit seinem ehemaligen Bremerhavener Kollegen Maximilian Bode in dreieinhalb gemeinsamen Jahren an der Emmaus-Gemeinde entwickelt und im Buch „Kirchenrebellen“ veröffentlicht hat. „Wir haben den Leuten erst mal zugehört und überlegt, was wir verbessern können“, sagt Schlicht. „Verständlichkeit war uns besonders wichtig. Wir haben im Gottesdienst wie beim Eishockey gesprochen“, so der Sport-Fan weiter. „Wenn sie es verstehen, können die Leute auch mitdenken.“ Auch seine Begrüßung für die Bremerhavener, „Moin, ihr Lieben, willkommen zu Hause“, spiegele diesen Ansatz wider.

 

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Bekannt ist Schlicht, der in den Gottesdiensten am liebsten eins seiner fünf schwarz-rot karierten Hemden mit Teddyfell trägt, allerdings vor allem für innovative interaktive Gottesdienstformate. „Dadurch hatten wir in Spitzenzeiten eine bundesweite Community mit bis zu 1000 Menschen.“

Während des Gottesdienstes hätten die Teilnehmenden Fragen stellen, Ideen einbringen oder um persönliche Gebete bitten können. Pausen, Getränke und eine Live-Band hätten das Konzept ergänzt. „Wir wollten ein Gottesdienstangebot machen, das wir als Jugendliche gebraucht hätten“, sagt Schlicht. Kritik habe es vereinzelt an Äußerlichkeiten gegeben. „Manche haben sich über meine zerrissenen Jeans aufgeregt.“

Kirche ist, wo man gerne ist

Doch jetzt freut sich Schlicht, der mit seinem Hund Maja in die Südstadt von Hannover gezogen ist, erst mal auf die neue Herausforderung. „Ich erlebe eine große Offenheit“, sagt Schlicht. Es könnte in die Richtung gehen, die Gottesdienstbesuchenden noch stärker zu beteiligen, ihre Impulse und Fragen direkt aufzugreifen, überlegt der Theologe laut. „Soziale und digitale Medien bergen die große Chance, zu den Leuten aufs Sofa zu kommen und ihnen ein Kontaktangebot zu machen. So wird die Kirche ein Ort, an dem man gerne ist.“

Doch zunächst ist Christopher Schlicht froh, mit seinem neuen Arbeitsplatz wieder etwas näher an Familie und Freunde herangerückt zu sein. „Ich habe gemerkt, dass ich viel zu selten auf deren Fotos zu sehen war.“