Völkerrechtsexperte: IS-Unterstützern droht in Afghanistan Folter

Der Konstanzer Völkerrechts-Professor Daniel Thym hält Abschiebungen von schwerkriminellen Straftätern und islamistischen Gefährdern nach Afghanistan für rechtlich kaum durchsetzbar. Auch wenn sich die Innenminister für eine Abschiebung von IS-Gefährdern nach Afghanistan oder Syrien ausgesprochen hätten, werde sich die Politik daran auch künftig die Zähne ausbeißen, sagte Thym im Interview mit der Augsburger Allgemeinen (Samstagsausgabe). „Bei der Frage, ob jemand abgeschoben werden darf, kommt es nicht darauf an, was derjenige in Deutschland gemacht hat, sondern wie er im Herkunftsland behandelt würde“, betonte der Völkerrechtsexperte. Insbesondere IS-Unterstützern drohe ebenso wie Taliban-Gegnern Folter und Tod.

„Menschen, die von den Taliban verfolgt werden, Richter, die sich für Menschenrechte einsetzen, Frauen, die drangsaliert werden, können unter keinen Umständen abgeschoben werden“, sagte Thym. „Für Menschen, die etwa von den Taliban oder vom Assad-Regime in Syrien verfolgt würden, gilt ein absolutes Abschiebungsverbot“.

Größere Erfolgsaussichten habe die Politik bei Einschränkungen des sogenannten subsidiären Schutzes, der Ausländern ein befristetes Aufenthaltsrecht gewährt, wenn ihnen auch ohne politische Verfolgung Schaden in ihren Heimatländern droht. „Hier ist die Rechtsprechung aktuell aus meiner Sicht zu großzügig“, sagte Thym. Man müsse den subsidiären Schutz gar nicht abschaffen, denn es gebe Spielraum, betonte der Experte.

Die Politik könne, gut vorbereitete Einzelfälle vor Gerichte zu bringen und die Justiz so dazu zu bringen, die veränderte Lage in den Herkunftsländern anzuerkennen, schlug Thym vor. (00/1913/22.06.2024)