Verfassungsgericht weist Klage gegen Ordnungsruf zurück
Das Landesverfassungsgericht Sachsen-Anhalt hat am Dienstag in Dessau-Roßlau eine Klage des AfD-Landtagsabgeordneten Ulrich Siegmund wegen eines Ordnungsrufs zurückgewiesen. Die Maßnahme, die Parlamentspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) gegen Siegmund verhängt hatte, sei verhältnismäßig und verfassungsrechtlich gerechtfertigt, urteilten die sieben Richterinnen und Richter. Das Rederecht eines Abgeordneten finde dort seine Grenzen, wo Ordnung, Würde und Ansehen des Parlaments beeinträchtigt seien. Dies sei hier der Fall gewesen (AZ: LVG 20/23).
Siegmund wollte erreichen, dass die Maßnahme aufgehoben wird. Er sah sich nach eigenen Angaben in seiner parlamentarischen Redefreiheit beeinträchtigt. In der Plenarsitzung des Landesparlaments in Magdeburg am 30. Juni vergangenen Jahres hatte Schellenberger den Ordnungsruf verhängt, nachdem bei Siegmunds Redebeitrag unter den Abgeordneten Unruhe entstanden war.
Siegmund hatte in seiner Rede auf Vorwürfe der Linken-Abgeordneten Christina Buchheim reagiert. Diese war zuvor zur Bürgermeisterin der Stadt Köthen gewählt worden und schied daher aus dem Landtag aus. In ihrer Abschiedsrede vor dem Landtagsplenum hatte sie einen Parlamentarischen Abend des Landtags im Juni 2018, bei dem sie durch Politiker der AfD „diskreditiert“ worden sei, als „Tiefschlag“ in ihrem Leben bezeichnet. Siegmund erwiderte daraufhin in seiner Rede, Buchheim sei an dem Abend „geistig nicht mehr zurechnungsfähig“ gewesen und habe ihn „im Suff“ als Nazi bezeichnet.
Gerichtspräsident Uwe Wegehaupt führte in seinem Urteil aus, aufgrund des freien Mandats seien auch konfliktträchtige Positionen, scharfe Abgrenzungen oder eine polemische Wortwahl sowie überspitzte Rhetorik nicht von vorneherein unvereinbar mit der Ordnung und Würde des Parlaments. Eine Grenze sei aber erreicht, wo die bloße Provokation sowie die Herabsetzung anderer im Vordergrund stehe.
Diese Grenze sahen die Richter im Fall Siegmund überschritten. Dem Co-Vorsitzenden der AfD-Fraktion sei es hier nicht mehr um eine Äußerung in der Sache gegangen, sondern um eine persönliche Herabwürdigung seiner Vorrednerin, sagte Wegehaupt. Daher sei die Maßnahme verhältnismäßig.
Hinzu komme, dass das Verfassungsgericht lediglich zu prüfen habe, ob der Parlamentspräsident die Erfordernisse der Ordnung, der Würde und des Ansehens unparteiisch ausgelegt habe. Diese Maßgabe habe Schellenberger nicht überschritten. Die Klage Siegmunds gegen den Ordnungsruf sei daher zulässig, aber unbegründet.
Siegmund sagte im Anschluss dem Evangelischen Pressedienst (epd), das Urteil habe ihn nicht überrascht. Er ziehe keine weiteren rechtlichen Schritte in Betracht. Dennoch fühle er sich in seiner Position bestätigt, da aus dem Urteil aus seiner Sicht nicht klar hervorgehe, auf welche Äußerungen sich der Ordnungsruf bezogen habe. Die Eingriffe des Landtagspräsidenten bezeichnete er als „oftmals politisch begründet“.