Verbände: Kindergrundsicherung muss Kinderarmut senken

Sozialverbände verlangen angesichts der anhaltend hohen Kinderarmut in Deutschland mehr Unterstützung für Familien. VdK-Präsidentin Verena Bentele sagte am Dienstag in Berlin, offenbar kämen staatliche Hilfen nicht dort an, wo sie gebraucht würden. Die Kindergrundsicherung, so wie sie derzeit geplant sei, werde daran nichts ändern, kritisierte Bentele und forderte die Bundesregierung zu Verbesserungen auf. Es sei eine Schande für ein reiches Land wie Deutschland, dass jedes fünfte Kind von Armut betroffen sei.

Nach dem aktuellen Armutsbericht des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes ist die Kinderarmuts-Quote im Inflationsjahr 2022 auf den Höchstwert von 21,8 Prozent gestiegen. Damit leben mehr als ein Fünftel der Minderjährigen in Haushalten an oder unter der Armutsschwelle von 60 Prozent des mittleren Einkommens. Für eine Alleinerziehende mit zwei Kindern unter 14 Jahren beispielsweise liegt die Schwelle dem Armutsbericht zufolge bei 1.897 Euro im Monat.

Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, forderte, die Kindergrundsicherung müsse sich daran messen lassen, um wie viel sie die Armut vermindere. Sie müsse um 40 Prozent höher ausfallen als das Bürgergeld. „Die Wahrheit liegt im Portemonnaie“, sagte Schneider. Die Organisation „Save the Children“ prangerte Kinderarmut als „Chancenkiller“ an und verlangte ebenfalls deutliche Leistungsverbesserungen.

Die Kindergrundsicherung ist die größte Sozialreform der Ampel-Koalition und soll das Kindergeld, den Kinderzuschlag für einkommensarme Familie sowie die Sozialleistungen für Kinder bündeln. Das Gesetz von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) wird derzeit im Bundestag beraten. Es steht in der Kritik, weil die versprochenen Vereinfachungen nicht schnell umzusetzen sind und die Leistungen für bedürftige Kinder kaum steigen.

Der Nationale Normenkontrollrat, ein Beratungsgremium der Bundesregierung, veröffentlichte unterdessen ein Gutachten, wonach der Sozialstaat so kompliziert und bürokratisch ist, dass er Bedürftige und Verwaltungen überfordert. Die Kindergrundsicherung habe das Potenzial für Vereinfachungen, schreiben die Experten. Dafür brauche es aber eine mutige, tiefgreifende Reform. Familienministerin Paus begrüßte die Empfehlung, die Kindergrundsicherung zu nutzen, um eine effizientere Sozialleistungsverwaltung zu schaffen. „Der Staat sollte alles dafür tun, dass Menschen die Leistungen auch erhalten, auf die sie einen Anspruch haben“, sagte die Grünen-Politikerin.