Zum Wohle der Tiere – Steuer auf Fleisch in der Debatte

Nach einer neuen Umfrage würden die meisten Deutschen mehr Geld für Fleisch ausgeben. Die Chancen für eine solche Nachhaltigkeits-Steuer stehen aber schlecht – zum Leidwesen von Tier und Umwelt

Kühe auf einer Weide oberhalb des Forggensees in Bayern
Kühe auf einer Weide oberhalb des Forggensees in BayernImago / imagebroker

Ernährung ist mehr denn je politisch geworden. Nicht nur, weil die Lebensmittelpreise in Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine stark gestiegen sind. Auch die Folgen der Lebensmittelproduktion für Klima, Umwelt, Gesundheit und Tierschutz geraten zunehmend in den Blick.

Erst kürzlich hat der Bundestag über eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung debattiert. Der Wissenschaftliche Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums für „Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbrauchschutz“ hat sich zudem für zwei Maßnahmen ausgesprochen: für die Verringerung der Mehrwertsteuer bei Obst, Gemüse und Hülsenfrüchten und für eine Anhebung der Mehrwertsteuer bei Fleisch und Milchprodukten auf den Normalsatz von 19 Prozent.

Alternativ zu einer Steuerung über die Mehrwertsteuer wird in Deutschland über eine eigene Tierwohlsteuer auf Fleisch diskutiert. Schon 2020 hatte das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung – die sogenannte Borchert-Kommission – eine Tierwohlsteuer auf Fleisch in Höhe von 40 Cent pro Kilogramm vorgeschlagen. Derzeit ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Steuer umgesetzt wird, gering – schließlich lehnt der Bundesfinanzminister Steuererhöhungen grundsätzlich ab.

Lieber Tierwohl als Klimaschutz

Dabei wären die Deutschen durchaus bereit, mehr Geld für Tierprodukte zu zahlen. Nach einer Studie von Forschenden der Uni Hamburg, die am Donnerstag im Fachjournal „Nature Food“ erschienen ist, befürwortet eine Mehrheit eine Steuer auf Fleisch von bis zu 40 Cent pro Kilogramm. Voraussetzung: Die Einnahmen kommen dem Tierwohl zugute. Eine mit dem Klimaschutz begründete Steuer fand dagegen viel weniger Zustimmung, wie das Science Media Center in Köln vorab über die Umfrage berichtete.

Der Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirats des Landwirtschaftsministeriums, Achim Spiller, sagte dazu, das Gremium plädiere für eine langfristige und umfassende Nachhaltigkeitsbesteuerung von Lebensmitteln, „damit Preise die externen Kosten besser spiegeln“. Studien zeigten, dass eine Preiserhöhung von zehn Prozent zu einer Verringerung der Nachfrage von circa vier bis fünf Prozent führe.

Da der Konsum von Schweinefleisch derzeit ohnehin schon beachtlich sinke, würden die Landwirte durch eine zusätzliche Steuer noch stärker unter Druck geraten. „Deshalb wäre es wichtig, dass die Einnahmen einer Fleischsteuer gezielt für die Unterstützung des Umbaus der Tierhaltung verwendet würden“, betonte der Nürnberger Professor für Management in der Ökobranche.

Abgaben müssen sozial fair sein

Spiller verwies darauf, dass ein einheitlicher Steueraufschlag den Vorteil habe, dass die tierfreundlicheren Erzeugnisse – wie zum Beispiel Biofleisch – gegenüber den preiswerten Produkten nicht benachteiligt würden. Eine prozentuale Mehrwertsteuererhöhung führe nämlich dazu, dass das teurere Biofleisch vergleichsweise noch teurer werde.

Der Schweizer Politikwissenschaftler Lukas Fesenfeld erklärte, im Gegensatz zu zusätzlichen Abgaben hätte eine verringerte Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse den Vorteil, dass Menschen mit geringerem Einkommen entlasten würden. Allerdings würden dann keine neuen Einnahmen geschaffen, um die Umstellung auf tierwohlfreundlichere Produkte zu unterstützen. „Insbesondere aufgrund der derzeit hohen Inflation ist es unabdingbar, dass die Einführung von weiteren Abgaben sozial fair ausgestaltet wird.“

Der Potsdamer Wirtschaftswissenschaftler und Umweltexperte Linus Mattauch betonte, eine alleinige Senkung der Mehrwertsteuer auf Obst und Gemüse würde zwar dazu führen, dass relativ gesehen mehr Obst und Gemüse und weniger Fleisch gekauft wird. „Allerdings sind die Effekte der Reduzierung des Fleischkonsums eher gering und würden den dramatischen Umweltschäden durch Fleischkonsum nicht gerecht.“ Eine direkte Bepreisung von Fleisch sei insofern sehr viel besser für die Umwelt.