Tagung zu Menschenrechten: Asylsuchende nicht entmenschlichen

Menschenrechte gelten universal – eigentlich. Denn beim Umgang mit Asylsuchenden in Europa sehen einige deutliche Defizite. Bei einer Tagung in Berlin kamen unterschiedliche Diskussionspunkte auf den Tisch.

Die Menschenrechtskommissarin des Europarates, Dunja Mijatovic, hat den Umgang mit Asylbewerbern in Europa als teilweise entmenschlichend bezeichnet. Obwohl es Rechtsnormen gebe, die die Rechte der Menschen schützten, setzten viele europäische Länder auf eine zunehmend restriktive Politik, die die Menschenwürde und Rechte von Asylsuchenden missachten, kritisierte Mijatovic am Donnerstag in Berlin bei einer Tagung zum 75. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte.

Als Beispiele für einen aus ihrer Sicht menschenrechtsfeindlichen Umgang mit Asylsuchenden nannte die EU-Kommissarin Pushbacks, unangemessene Reaktionen auf „die Tragödie von Menschen, die auf See sterben“, unwürdige Aufnahmebedingungen und beschränkte Familienzusammenführungen.

Mijatovic betonte, sie habe sich ein eigenes Bild machen wollen, indem sie Aufnahmezentren und Migrationshotspots besuchte, bevor sie sich an Regierungen oder die Öffentlichkeit wenden würde. Dazu sei sie auf den griechischen Inseln Lesbos und Samos gewesen, in der spanischen Grenzstadt Melia, an der EU-Außengrenze in ihrem Heimatland Bosnien sowie in Dänemark und Österreich.

„Was ich Ihnen hier erzähle, stammt also nicht aus einem Buch oder irgendeiner Art von Studie“, so Mijatovic. „Es ist die Realität, mit der wir in Europa konfrontiert sind. Inzwischen sollten wir gelernt haben, dass diese Art der Entmenschlichung nur noch mehr Leid verursacht.“

Zu der Tagung in der Hauptstadt hatten die Evangelische Akademie Berlin gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte und dem Forum Menschenrechte unter dem Titel „Universell, unteilbar und unverzichtbar“ am Mittwoch und Donnerstag Gäste aus Politik und internationaler Zivilgesellschaft eingeladen.

Auch die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan (SPD), forderte während der Tagung am Mittwochabend, keine Abstriche am individuellen Recht auf Asyl zu machen. Jeder Antrag werde sorgfältig geprüft. Aufnahme und Unterbringung von Geflüchteten seien ein Kraftakt für alle staatlichen Ebenen, für das Ehrenamt und die Gesellschaft. „Aber wir müssen raus aus dem Alarm-Modus“, mahnte die Migrationsbeauftragte.

„Es kommen Menschen, nicht Massen. Ja, nicht alle können bleiben“, so Alabali-Radovan. Die Mehrheit habe aber gute Gründe, Schutz zu suchen. Weil Deutschland das nicht allein schaffe, werde mit Hochdruck an der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems gearbeitet, die eine gerechte Verantwortungsteilung und faire Asyl-Verfahren zum Ziel habe.

Die Direktorin des Deutschen Instituts für Menschenrechte, Beate Rudolf, hob die Bedeutung von Verwaltung und Gerichten für die Durchsetzung der Menschenrechte hervor. Viele staatliche Akteure würden die Menschenrechte ignorieren, wenn die Gesellschaft ihre Achtung nicht politisch einfordere und einzelne sie vor Gericht geltend machten. „Deshalb sind Zivilgesellschaften und nationale Menschenrechtsinstitutionen unverzichtbarer Antreiber für die Achtung und Verwirklichung der Menschenrechte hierzulande und weltweit.“