Tag des Friedhofs lockt mit vielen Veranstaltungen

Der Tag des Friedhofs wird immer am zweiten Wochenende im September bundesweit begangen. Unser Autor Uli Schulte Döinghaus mit einem Rundgang in Berlin und Umgebung.

Waldfriedhof Singen mit blühendem Bärlauch
Waldfriedhof Singen mit blühendem BärlauchIMAGO / Imagebroker

Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer, sondern auch grüne Oasen der Erinnerung, Begegnung und würdevolle Kulturorte. Der bundesweit stattfindende Tag des Friedhofs am 16. und 17. September unter dem Motto „In Gedenken – in Gedanken” nimmt die Vielfalt der Friedhöfe in den Blick.

Der Erfinder der Haferflocken liegt in Perleberg

Wenn Sie schon immer mal wissen wollten, wo der Erfinder der Haferflocken seine letzte Ruhestätte gefunden hat, dann sollten Sie sich auf den Weg nach Perleberg in der Prignitz machen. Dort, auf dem Evangelischen Waldfriedhof an der Wilsnacker Chaussee, ist die Grabstätte von Ludwig Wolff (1806–1983). Er war Inhaber einer Mehlhandlung am Großen Markt 4 und gilt als Erfinder der Haferflocken. Auch so macht der Perleberger Waldfriedhof seinem Namen alle Ehre und ist einen ausgedehnten Spaziergang wert; Baum an Baum stehen auf einer Fläche von 10 Hektar – das entspricht 14 Fußballfeldern – zwischen den Grabstellen, einige sind denkmalgeschützt.

Trägerin der Anlage ist die örtliche evangelische Kirchengemeinde St. Jacobi. Dem Waldspaziergang in Perleberg könnten sich viel Ausflüge in Brandenburg, der Oberlausitz und Berlin anschließen, die zu interessanten, idyllischen, teils malerischen Friedhöfen führen. Viele sind als Ensemble denkmalgeschützt oder sie haben einen besonderen Charakter. Im Bestattungswald Heiligengrabe etwa, der vom Stiftsforst unterhalten wird, können biologisch abbaubare Urnen beigesetzt werden – unter Buchen, Eichen, Kiefern und Douglasien. Zum Gedenken an die Verstorbenen sind an den Baumstämmen Erinnerungstafeln angebracht.

In der Pferdestadt Neustadt an der Dosse gibt es einen Gestütsfriedhof

Etwa 30 Kilometer südlich liegt Neustadt an der Dosse. Dort ist das Brandenburgische Haupt- und Landgestüt, Heimatanlage für 300 Zuchtstuten und -hengste, werktäglich für Besucher geöffnet. Wenig bekannt ist, dass am Rand der weitläufigen Anlage ein kleiner Gestütsfriedhof ist; hier haben die Mitarbeiter des Gestüts seit jeher die Möglichkeit, ihre letzte Ruhe zu finden.

Historische Grabstätten für Förster und Forstbedienstete sind auf dem kleinen Klosterfriedhof Chorin zu finden. Der Klosterfriedhof dient heute als Ruhestätte für Bewohner der in der Gemeinde Chorin gelegenen Revierförstereien sowie für Bewohner des Amtes Chorin. Auf dem Klosterfriedhof ist auch der berühmte Berliner Architekt Max Taut (1884–1967) beerdigt, der lange in Chorin lebte.

Grab von Reinhold Burger, dem Erfinder der Thermoskanne in Berlin-Pankow
Grab von Reinhold Burger, dem Erfinder der Thermoskanne in Berlin-PankowIMAGO / Jürgen Ritter

Einen „Ruheforst“, wo Urnen von Angehörigen in einer Waldlandschaft begraben werden können, gibt es im nahen Eberswalde, klassische Ausbildungsstätte für Brandenburgs Förster und Waldwirtschafter. Unsere Zufallsreise durch die märkische und Lausitzer Friedhofslandschaft rundet ein Besuch des Nikolaifriedhofs von Görlitz ab. Er wurde bereits im 12. Jahrhundert angelegt, ist seit Ende des 19. Jahrhunderts „aufgelassen“ und wirkt heute wie ein geschichtsträchtiger Ort, den mehr als 600 Grabmale und Grabanlagen aus der Zeit der Renaissance und des Barocks prägen.

Träger des alten Friedhofs, der manchmal als Drehort für Fernseh- und Filmproduktionen genutzt wird, ist die Evangelische Kulturstiftung Görlitz, die auch die Kulturkirche St. Nikolai und das Heilige Grab unterhält.

Friedhofsgärtner haben den „Tag des Friedhofs“ erfunden

Der „Tag des Friedhofs“ findet auf Initiative der Friedhofsgärtner am kommenden Samstag, 16. September und Sonntag, 17. September in vielen deutschen Städten statt. In Berlin wird er am Sonntag auf dem Friedhof Baumschulenweg im Rahmen eines Programms mit Information, Führungen, Poetry Slam und Musik begangen. Das Programm, das wenig an Trauer und Melancholie erinnert, soll auf den Bedeutungswandel unserer Friedhöfe hinweisen – und zugleich versinnbildlichen, dass auch christliche Bestattungen immer individueller und kreativer gestaltet werden. An den Aktionen nimmt auch der Evangelische Friedhofsverband Berlin-Mitte teil.

Corinna Zisselsberger auf dem Parochial-Friedhof in Berlin-Mitte
Corinna Zisselsberger auf dem Parochial-Friedhof in Berlin-MitteUli Schulte-Döinghaus

Corinna Zisselsberger ist Pfarrerin und ehrenamtliche Vorstandsvorsitzende des Trägers von 46 kirchlichen Friedhöfen in Berlin: „Uns ist es wichtig, Friedhöfe als Orte der Trauer, der Kultur des Erinnerns und Gedenkens zu erhalten, aber auch als grüne Oasen. Wir erleben sehr häufig auf unseren Friedhöfen, dass Menschen es schätzen, dort Orte der Ruhe, der Kontemplation zu finden.“ Sie erzählt von Begräbnisstätten in Berlin, wo das längst der Fall ist, etwa in den evangelischen Friedhöfen an der Berliner Bergmannstraße.

Verbandsvorsitzende Zisselsberger geht selbst gerne durch den alten Friedhof der Parochialkirche in der Klosterstraße in Berlin-Mitte, einer von zwei noch erhaltenen, barocken Innenstadtfriedhöfen in Berlin. Ähnlich wie in Brandenburg und der Oberlausitz gehören auch in Berlin kirchliche Verbände oder evangelische Kirchengemeinden zu den wichtigsten Trägern von Friedhöfen. Warum eigentlich? Corinna Zisselsberger: „Eines der sieben Werke der Barmherzigkeit, klassisch aus dem Mittelalter, ist es, Tote zu bestatten und sich um eine würdige Form der Bestattung und der Erinnerungskultur zu bemühen. Und deswegen waren und sind Friedhöfe auch schon immer Teil des Christentums.“

Neue Nutzungspläne für Friedhöfe

Christliche Bestattungen und Erinnerungskultur sind seit einigen Jahrzehnten einem raschen Wandel unterworfen, und das hat mit Sarg, Urne und Bevölkerungsentwicklung zu tun. In Berlin sind bis zu 93 Prozent Urnenbestattungen und nur noch 7 Prozent Sargbeisetzungen üblich, noch vor 20 Jahren war das Verhältnis genau umgekehrt. Hinzu kommt, dass – besonders auf kirchlichen Friedhöfen – tendenziell immer weniger Bestattungen stattfinden. Im Kirchenkreis Potsdam etwa finden auf den allermeisten evangelischen Friedhöfen weniger als 10 Bestattungen jährlich statt.

Baumbestattung Infotafel
Baumbestattung InfotafelHenson Stehling

Ähnlich sieht es in anderen Kirchenkreisen aus. Im Kirchenkreis Uckermark gibt es keinen einzigen Friedhof, an dem mehr als zehn Bestattungen im Jahr durchgeführt werden. Weniger große Grabstellen und weniger Bestattungen bedeuten weniger Einnahmen bei gleichen Kosten für die Unterhaltung der Anlagen. In einem Interview mit rbb24 machte das Tillmann Wagner deutlich, er ist Geschäftsführer des Evangelischen Friedhofsverbandes Berlin-Mitte: „Wenn allein schon 18 000 Euro Straßenreinigungsgebühr für einen Friedhof im Jahr anfallen, aber kaum noch Gebühren über den Bestattungsbetrieb eingenommen werden, wird die Finanzierung problematisch.“

Kein Wunder, dass immer häufiger andere Nutzungsformen für die evangelischen Friedhöfe in Berlin, Brandenburg und der Oberlausitz in Frage kommen. Dazu gehören Friedhofsräume für muslimische Gemeinden, parkähnliche Grünflächen zur Erholung und Entspannung, Freiflächen für Kultur- und Klimaschutzprojekte. Praktiziert wird auch die Abgabe an Kleingartenvereine oder die Verpachtung an gemeinnützige Bauträger auf Erbpachtbasis – eine noch umstrittene Alternative, von der eher selten Gebrauch gemacht wird.

Programm des „Tag des Friedhofs“ in der Region

Am Sonntag, 17. September findet auf dem Friedhof Berlin-Baumschulenweg, Kiefholzstraße 221, von 11 bis 17 Uhr ein Programm mit Information, Führungen, Poetry Slam, Musik und der Ausstellungseröffnung zum Fotowettbewerb „Friedhof im Blick“ statt.

Am Samstag, 16. September, gibt es ab 11.45 Uhr ein kunsttherapeutisches Angebot für Trauernde in der Friedhofskapelle, Friedrichswerderscher Friedhof, Berlin-Kreuzberg Bergmannstraße 42–44: Die Kunst des Abschieds – Den Weg der Trauer kreativ gestalten.

Weitere Termine unter: www.ekbo-termine.de/kalender oder: www.bund-deutscher-friedhofsgaertner.de/tag-des-friedhofs/veranstaltungen

Uli Schulte Döinghaus ist freier Autor