Studie: “Gesellschaftsdienst” europäischer ausrichten

Anders als beim Wehrdienst würde ein “Gesellschaftsdienst” allen offen stehen, unabhängig von einer Musterung durch die Bundeswehr. Eine Studie mahnt nun die deutsche Politik zu einem Erfahrungsaustausch auf Europa-Ebene.

Eine neue Studie mahnt die Politik dazu, sich bei der möglichen Einführung eines “Gesellschaftsdienstes” stärker mit anderen europäischen Ländern abzustimmen. “Ein großes, bisher wenig genutztes Potenzial liegt in der Einbeziehung einer europäischen Perspektive”, betonen die Autoren der am Mittwoch in Frankfurt veröffentlichten Studie der gemeinnützigen Hertie-Stiftung. Ein Erfahrungsaustausch in einem “europäischen Forum” wäre gewinnbringend, um die Chancen und die Komplexität des Vorhabens besser einschätzen zu können, hieß es.

Die Studie hält einen Dienst, der zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts beitrage, für “machbar”. Er dürfe jedoch nicht ausschließlich auf junge Menschen nach dem Schulabschluss zielen.

Die frühere Bundesbildungsministerin Annette Schavan sagte als Vorstandsvorsitzende der Stiftung: “Es ist erstaunlich, wie wenig die europäische Perspektive in der aktuellen Debatte um den Gesellschaftsdienst berücksichtigt wird.” Dieses Thema stehe “nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen europäischen Ländern aktuell zur Diskussion”.

Die Studie stelle “Erfolgsfaktoren” für einen möglichen Gesellschaftsdienst vor. Nur mit einem “klaren Rahmen”, mit “bedarfsorientierten Aufgaben” und einem “gesellschaftlichen Mehrwert auch über die Tätigkeit hinaus” werde es gelingen, Akzeptanz für das Vorhaben Gesellschaftsdienst zu schaffen, hieß es.

Wichtig wäre laut Studie ein Einsatz digitaler Technologien für einen Abgleich zwischen Angebot und Nachfrage, betonen die Studienautoren Rabea Haß und Grzegorz Nocko. Auch eine Qualifizierung vor, während und nach dem Dienst sei notwendig. Wichtig seien zudem “Formate für unterschiedliche Lebenslagen” und Anreize wie etwa eine Anrechnung des Dienstes als Fortbildung.

Die Hertie-Stiftung wurde 1974 von den Erben des Kaufhausinhabers Georg Karg ins Leben gerufen und ist nach eigene Angaben eine der größten weltanschaulich unabhängigen und unternehmerisch ungebundenen Stiftungen in Deutschland. Der Name “Hertie” geht zurück auf Hermann Tietz, Mitbegründer des gleichnamigen Warenhauskonzerns zum Ende des 19. Jahrhunderts.