Studie: AfD nutzt TikTok für Extremismus und Parallel-Universum

Vermeintliche Kümmerer? Eine Studie analysiert rechtsextreme Inhalte auf TikTok – und die erfolgreiche Strategie der AfD. Die Partei postet mit vielen Abgeordneten, nur eine andere Politikerin kann in der Top-5 mithalten.

Laut einer Studie der Bildungsstätte Anne Frank nutzen Rechtsextreme Akteure und viele AfD-Politiker TikTok, um dort ihre Inhalte für junge Menschen zu platzieren. Demnach ist die Plattform für die AfD eine Art Parallel-Universum. Das sei gefährlich für die Demokratie, denn TikTok sei das Leitmedium für jüngere Erwachsene und Jugendliche, betonten die Studienautoren am Dienstag in Frankfurt. Das Bildungshaus veröffentlichte dazu die 62-seitige Studie “Das TikTok-Universum der (extremen) Rechten”.

Von allen im Bundestag vertretenen Parteien nutze die AfD TikTok am stärksten. Inhaltliches Querschnittsthema der Partei sei meist die Migration, während Europa trotz des Wahlkampfes kaum eine Rolle spiele. “Die AfD inszeniert sich auf TikTok als Kümmerer und Versteher der Jugend – darauf haben demokratische Parteien bislang noch keine guten Antworten gefunden”, sagte die Direktorin der Bildungsstätte, Deborah Schnabel. So habe etwa der AfD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Münzenmaier aus Mainz fast 80.000 Fans auf der Plattform, während SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert bei rund 11.000 liege.

“Wir beobachten auf TikTok massenweise offen rechtsextreme Symboliken und Codes”, sagte Schnabel. Dazu gehöre auch das Verbreiten von Antisemitismus, Rassismus und demokratiefeindlichen Erzählungen. “Immer wieder mischen auch Accounts der AfD oder aus dem Umfeld der Partei mit”, erklärte die Direktorin. So zeige die Bundesparteichefin Alice Weidel ihren mehr 240.000 Fans dort ein zweites Gesicht und erhalte viele “Liebeserklärungen” in Form von Fanvideos, sie habe dafür eine “Parallel-Identität” aufgebaut.

Auf TikTok werde Weidel als spontan, witzig, attraktiv gezeigt – als eine echte “Type”. So erhalte die Politikerin ein völlig anderes Bild, als in klassischen Medien. Zu einer Bundestagsrede sieht man auf TikTok zum Beispiel ein bearbeitetes Bild von Weidel, heißt es im Report: “verdunkelt, mit verstärkten Kontrasten und hinzumontierten Blitzen, die ihr dramatisch aus den Augen schießen.”

Die AfD-Chefin gehöre so gemeinsam mit weiteren AfD-Politikern zu den Top-5 der politischen Influencer. Allein Sahra Wagenknecht (BSW) könne mit mehr als 250.000 Fans auf Platz 2 mithalten. Mit mehr als 330.000 liege der sachsen-anhaltinische AfD-Politiker Ulrich Siegmund auf dem ersten Platz.

Die Bildungsstätte forderte ein Umdenken der anderen Parteien in der politischen Kommunikation, da sie eine “schwache Performance” ablieferten. Zudem sei eine Stärkung von Medien-Kompetenzen wie die Bewertung von Quellen notwendig, nicht nur in den Schulen.