Böckler-Stiftung dringt auf Umsetzung von EU-Mindestlohnrichtlinie
Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung befürchtet eine unzureichende Umsetzung der EU-Mindestlohnrichtlinie in Deutschland. Die Bundesregierung habe erklärt, dass die bestehende Gesetzeslage ausreiche, heißt es in einer am Dienstag in Düsseldorf veröffentlichten Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Stiftung (WSI). Das sei jedoch umstritten.
Grundproblem sei, dass sich der deutsche Mindestlohn allein an der Höhe der Tariflöhne orientiere, heißt es in der Analyse. Die EU-Mindestlohnrichtlinie nenne jedoch weitere Kriterien, etwa die Höhe der Lebenshaltungskosten oder ein Niveau der Mindestlöhne von 60 Prozent des Bruttomedianlohns. Nach Berechnungen der Stiftung müsste der Mindestlohn in Deutschland demnach aktuell bei 14,61 Euro liegen. Derzeit sind es 12,41 Euro.
Zudem sind laut dem Papier bislang kaum konkrete Maßnahmen ergriffen worden, um die Tarifbindung zu stärken. Die EU-Richtlinie verpflichte aber Staaten mit weniger als 80 Prozent der Beschäftigten in Tarifbindung zu solchen Maßnahmen, und Deutschland gehöre zu diesen Staaten. Im Koalitionsvertrag habe sich die Bundesregierung auch zur Stärkung der Tarifbindung bekannt. Zahlreiche Studien belegten, dass der Mindestlohnsektor umso kleiner ausfalle, je höher die Reichweite von Tarifverträgen sei