Steinmeier: Journalismus muss von sozialen Medien unterscheidbar sein

Sich abheben von Social Media: Bundespräsident Steinmeier warnt Medienschaffende anlässlich des Festakts „100 Jahre Rudolf Augstein“, sich nicht „die Kultur der Dauerempörung zu eigen“ zu machen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier
Bundespräsident Frank-Walter SteinmeierImago / Chris Emil Janßen

Der Journalismus sollte sich nach Ansicht von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht „die Kultur der Dauerempörung zu eigen“ machen. „Bleiben Sie unterscheidbar von den sozialen Medien! Betrachten Sie die Aufgabe zu differenzieren nicht als Nachteil, sondern als das Fundament von Journalismus, der sich der Demokratie verpflichtet fühlt“, sagte Steinmeier anlässlich des Festakts „100 Jahre Rudolf Augstein“ in Hamburg.

Journalistinnen und Journalisten sollten nicht zulassen, dass „in unserer Demokratie die Lauten über die Nachdenklichen siegen“, sagte Steinmeier laut Redemanuskript. Er sei überzeugt, dass das für die Demokratie und das Überleben des Journalismus entscheidend sei, unterstrich der Bundespräsident.

Steinmeier: Verantwortung bei der Berichterstattung über kriegerische Konflikte

Ihm sei bewusst, unter welchem Druck Journalisten stehen. Elektronische Medien hätten zu einer „Beschleunigung des Nachrichtengeschäfts“ geführt und das Geschäftsmodell des Journalismus verändert. Nicht mehr die Frage, welche Bedeutung eine Nachricht für die Welt habe, sei entscheidend für ihre Verbreitung, „sondern ob die Welt sie klickt“, sagte Steinmeier.

Der Bundespräsident erinnerte auch an die Verantwortung bei der Berichterstattung über kriegerische Konflikte. Niemand könne verhindern, dass aktiv Desinformation gestreut werde. „Aber es gehört deshalb umso mehr zur zentralen Verantwortung von Journalisten – und auch von Politikern -, keine Nachricht zu verbreiten, solange die Quellenlage nicht absolut klar, der Wahrheitsgehalt nicht absolut sicher ist“, betonte Steinmeier.

Presse- und Meinungsfreiheit als hohes Gut

Er sehe mit Sorge, wie sehr der Journalismus „in den letzten Jahren in Misskredit“ geraten sei, welchen Anfeindungen Journalisten heute ausgesetzt sind und dass es für viele auch hierzulande gefährlicher werde, zu berichten, sagte Steinmeier. „Mit gutem Grund“ garantiere das Grundgesetz Presse- und Meinungsfreiheit und die Rechtsordnung schütze Journalisten besonders.

„Spiegel“-Gründer Rudolf Augstein, der am 5. November 1923 in Hannover geboren wurde, habe es sich nie geleistet, keine Meinung zu haben, sei außerdem nach dem Zweiten Weltkrieg Geburtshelfer für eine freie Presse und „Akteur im Machtgefüge der Politik“ gewesen, sagte Steinmeier. Zu Augsteins Verdiensten zähle, dass er immer dafür gesorgt habe, dass Journalisten die „denkbar besten Bedingungen“ für Ihre Aufgabe hatten. „Denn er hat eine Sache sehr genau verstanden: Für jedes Medium, das dauerhaft erfolgreich sein möchte, ist die eigene Glaubwürdigkeit die Lebensversicherung“, sagte der Bundespräsident.