In Celle muss ein Wichtel am zweiten Weihnachtstag ausbaden, was der Weihnachtsmann zuvor verbockt hat. Zwischen den festlich geschmückten Buden an der Stechbahn im Zentrum der niedersächsischen Stadt können dann Menschen Geschenke zum Tausch anbieten, die ihnen nicht wirklich gefallen haben. „Socken, Kochtöpfe, eine Lampe, Schmuck oder Spiele, die Kinder mitgebracht haben, das alles war dabei schon mal im Angebot“, sagt Weihnachtsmarkt-Chefin Johanna Crolly.
Nach ein paar Jahren Pause startet das Stadtmarketing erstmals wieder die beliebte Aktion, bei der ein verkleideter Weihnachtswichtel den Handel zwischen den Fehlbeschenkten organisiert. „Es haben sich bisher immer Tauschpartner gefunden“, sagt Crolly.
Wie in Celle nimmt auch in Lüneburg ein Event die Idee auf, dass sich die Geschenke-Auswahl zumindest im Nachhinein noch unterhaltsam korrigieren lässt. Dort kommen im städtischen Museum die Missgriffe bei der „Nacht der langen Gesichter“ am 27. Dezember unter den Hammer. Sabine Thümer-Bauereiß organisiert die Versteigerung und weiß: „Gern genommen sind skurrile Dinge. Porzellan geht in der Regel nicht weg.“
Thümer-Bauereiß hat die Idee vor Jahren aus Nürnberg mit in den Norden gebracht. Aus früheren Versteigerungen ist ihr zum Beispiel eine Kette im Gedächtnis geblieben, die mit Licht den Schriftzug „I love You“ an die Wand warf. Wer in Lüneburg mitmacht, darf die Hälfte des Erlöses behalten, der Rest geht an Spendenzwecke. „Die Menschen kommen selbstbewusst“, sagt die Organisatorin. Die Schenkenden seien oft weit weg und bekämen nicht mit, dass ihr Präsent verschmäht wurde. „Verschämt war bei der Versteigerung noch niemand.“
Um Fehlgriffe von vornherein zu vermeiden, setzen laut einer Umfrage immer mehr Menschen in Deutschland zu Weihnachten auf Gutscheine. Nach Lebensmitteln sind sie vom siebten Platz im vergangenen Jahr zu den zweitbeliebtesten Geschenken avanciert, wie der Kundendaten-Analyst NIQ im November erfragt hat. NIQ hat noch weitere Trends ausgemacht: 29 Prozent der Deutschen nutzen demnach Künstliche Intelligenz, um sich vor dem Kauf der Weihnachtsgaben beraten zu lassen.
Besonders Jüngere und Familien kaufen zudem vermehrt Second-Hand-Artikel. 30 Prozent der Befragten wollen gebrauchte oder professionell wieder aufbereitete Ware verschenken. Eine Entwicklung, die Klaus Hibbe vom Sozialkaufhaus „fairKauf“ in Hannover bestätigen kann. „Rund um die Adventszeit merken wir deutlich mehr Nachfrage nach hochwertiger Kleidung, gut erhaltenen Spielsachen, Büchern und besonderen Einzelstücken“, sagte der „fairKauf“-Vorstand. „Second Hand wird immer stärker als sinnvolle und zeitgemäße Alternative wahrgenommen – sowohl finanziell als auch ökologisch.“
Zwar verzeichnet das Sozialkaufhaus in seinen Filialen rund um den Jahreswechsel einen leichten Anstieg an Sachspenden. Ungeliebte Weihnachtsgeschenke machen dabei aber nur einen geringen Anteil aus, wie Hibbe erläutert – auch wenn sie wie alle hochwertigen Spenden willkommen sind. Die Hilfsorganisation Oxfam ruft deshalb auch in diesem Jahr wieder gezielt dazu auf, nicht willkommene Gaben nach dem Fest in einem ihrer Shops abzugeben. So kann deren Verkauf dem guten Zweck dienen.
Wer im Handel sein Geschenk nach Weihnachten zurückgeben möchte, ist zumindest im Ladengeschäft auf Kulanz angewiesen, darauf macht der Bundesverband Verbraucherzentrale aufmerksam. Wenn nicht schon beim Kauf schriftlich zugesichert wurde, dass das Geschenk umgetauscht werden kann, muss es nicht zurückgenommen werden, nur weil es nicht gefällt. Wurde das Präsent dagegen im Internet gekauft, ist die Rückgabe laut Verbraucherzentrale einfacher – zumindest innerhalb der 14 Tage, in denen fast jeder im Internet geschlossene Vertrag widerrufen werden kann.
Experten erwarten für dieses Jahr in Deutschland einen neuen Rekord an Retouren im Online-Handel. Insgesamt werde fast jedes vierte Paket zurückgeschickt. Umgerechnet macht das aufs Jahr rund 550 Millionen Retourenpakete aus, wie die Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg errechnet hat.
Die kleinen Alternativen vor Ort sind also im Zweifel umweltfreundlicher. Zumindest machen sie Spaß, wie Sabine Thümer-Bauereiß und Johanna Crolly versichern. In Lüneburg wurde in der Vergangenheit zu manchem Geschenk auch dessen Geschichte präsentiert. Und in Celle dürfen sich die Tauschwilligen beim Wichtel höchstpersönlich für den Fehlgriff beschweren.