Staatsministerin Grütters hofft auf demokratischen Islam

Die Politikerin verweis auf ein positives Beispiel: eine Moschee, in der Frauen und Homosexuelle predigen dürfen.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (Archivbild)
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (Archivbild)Christian Ditsch / epd

Hannover. Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) hofft, dass sich der Islam in Deutschland zunehmend für die Demokratie öffnet. "In aktuellen Diskussionen über Integration sollten wir uns nicht auf die ebenso überhebliche wie demotivierende Behauptung zurückziehen, Islam und Demokratie passten nicht zusammen", sagte Grütters in Hannover. Sie verwies dabei auf eine von der muslimischen Frauenrechtlerin Seyran Ates in Berlin gegründete Moschee, in der Frauen predigen dürften und homosexuelle Menschen ebenso willkommen seien wie Atheisten und Andersgläubige.
In einem Vortrag zum Reformationsjubiläum betonte Grütters laut Redemanuskript: "Wenn das Reformationsgedenken uns für die Zukunft eines lehrt, dann die Bereitschaft, auch anderen Religionen eine gewisse Beweglichkeit und Lernfähigkeit zuzugestehen." Die bekennende Katholikin Grütters ist seit 2013 Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und zugleich Sprecherin für Kultur im Zentralkomitee der deutschen Katholiken. Sie sprach beim Johannis-Sommerempfang des evangelischen Sprengels Hannover.

Den Zweifel kultivieren

Die Staatsministerin würdigte den Reformator Martin Luther (1483-1546) als Erneuerer des Glaubens, aber auch als zweifelnden und suchenden Menschen. "Martin Luther steht für Gewissensfreiheit, Urteilskraft und Zivilcourage", sagte sie. Er habe sich weder dem Kaiser noch dem Papst gebeugt. Er irritiere, provoziere und fordere die Menschen heraus bis heute. Luther sei zum Wegbereiter der deutschen Schriftsprache und der pluralistischen Gesellschaft geworden. "Man kann ihn verachten wegen seiner Tiraden gegen Andersdenkende", sagte Grütters. "Ignorieren jedoch kann man ihn nicht."
Grütters unterstrich zudem den Wert der Kunstfreiheit in einer demokratischen Gesellschaft. "Den Zweifel kultivieren, das ist eine Lehre aus der Geschichte des 20. Jahrhunderts." Aus gutem Grund habe Deutschland die Kunstfreiheit in den Verfassungsrang erhoben. "Künstler und Kreative gehören zum Korrektiv einer Gesellschaft", sagte die Ministerin. "Mit ihren Fragen, ihren Zweifeln, ihren Provokationen beleben sie den demokratischen Diskurs." Sie könnten so die Gesellschaft vor gefährlicher Lethargie und totalitären Anwandlungen bewahren.
Zu dem Empfang hatte erstmals die neue evangelische Landessuperintendentin Petra Bahr eingeladen. Sie steht seit Januar an der Spitze des Sprengels mit 550.000 Christen, 222 Gemeinden und 444 Pastorinnen und Pastoren in und um Hannover. (epd)