Missbrauchsverdacht: Staatsanwaltschaft Siegen rügt Medienbericht

Die Staatsanwaltschaft kritisiert Teile der Medienberichterstattung zu den eingestellten Missbrauchsermittlungen im Kirchenkreis Siegen. Um welche Textpassagen es geht.

Die Staatsanwaltschaft Siegen hat Medienberichte kritisiert
Die Staatsanwaltschaft Siegen hat Medienberichte kritisiertImago / Rene Traut

Die Staatsanwaltschaft kritisiert Teile der Medienberichterstattung zu den eingestellten Missbrauchsermittlungen im Kirchenkreis Siegen-Wittgenstein. Entgegen der Darstellung seien keine eindeutig strafbaren Handlungen gegenüber Minderjährigen festgestellt worden. Die Behauptung, dass zwei Betroffene damals eindeutig minderjährig gewesen seien und dass die Staatsanwaltschaft bei diesen Fällen auch eine Straftat festgestellt habe, „das stimmt so nicht“, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Siegen dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Zwar habe es zwei Personen gegeben, die gesagt hätten, sie seien „vermutlich oder wahrscheinlich zu der Zeit 17 Jahre alt gewesen“, sagte der Sprecher weiter. In den Fällen käme ein Straftatbestand „in Betracht“. Eine detaillierte Prüfung sei jedoch nicht erfolgt, weil „in diesen Fällen Verjährung eingetreten ist“. Lediglich eine männliche Person sei definitiv 14 Jahre alt gewesen. „Da haben wir aber nach seiner Schilderung keine taugliche Tathandlung feststellen können.“

Kurschus legte Ämter nieder

Die anderen der insgesamt sieben Personen seien zum fraglichen Zeitpunkt volljährig gewesen, sagte der Sprecher. Die Staatsanwaltschaft hatte am Freitag mitgeteilt, dass das Ermittlungsverfahren zu den Missbrauchsvorwürfen eingestellt wurden, „da entweder ein Straftatbestand nicht verwirklicht wurde oder in anderen Fällen bereits Verjährung eingetreten ist“.

Im Zusammenhang mit dem Verdachtsfall hatte die damalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen, Annette Kurschus, am 20. November vergangenen Jahres ihre Ämter niedergelegt. Ermittelt wurde gegen einen ehemaligen Mitarbeiter des Kirchenkreises Siegen-Wittgenstein, der in den 90er Jahren junge Männer sexuell bedrängt haben soll und mit dessen Familie Kurschus lange befreundet war.

Wie die westfälische Kirche reagiert

Für ein erneutes Aufrollen des Falles sieht die Staatsanwaltschaft kaum Chancen. Dazu müsste sich ein Minderjähriger melden, der in den vergangenen Jahren von dem Beschuldigten sexuell genötigt wurde. „Wir haben akribisch versucht, alle ausfindig zu machen, und haben mehrfach nachgefragt“, sagte der Sprecher. Von daher sei es aus „unserer Sicht unwahrscheinlich, dass da jetzt noch jemand auftaucht“.

Für eine moralische Beurteilung, „dass jemand in einer solchen Position mit seinen Schülern, unabhängig vom Alter, irgendwelche sexuellen Handlungen zum Teil im Kirchenraum vornimmt“, seien andere Stellen zuständig. „Es ist ja nicht so, dass da nichts gewesen ist.“ Das sei jedoch nicht die „Baustelle der Staatsanwaltschaft“.

Die westfälische Kirche hatte bereits angekündigt, dass unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung der Fall in all seinen Facetten weiter aufgearbeitet werde. Nach einem Beschluss der Kirchenleitung werde der Siegener Verdachtsfall von externen Fachleuten untersucht.