Staatsanwaltschaft klagt Pastor wegen Volksverhetzung an

Seine Aussagen gegen Homosexuelle verletzten die Menschenwürde, so die Staatsanwaltschaft. Über ein Verfahren wird später entschieden, auf die Kanzel darf der Theologe offenbar schon jetzt nicht mehr.

Olaf Latzel in seiner Bremer Wohnung (Archivbild)
Olaf Latzel in seiner Bremer Wohnung (Archivbild)Alasdair Jardine / epd

Bremen. Die Staatsanwaltschaft hat gegen den umstrittenen Pastor der evangelischen St.-Martini-Gemeinde in Bremen, Olaf Latzel, Anklage wegen Volksverhetzung erhoben. Bei einem Ehe-Seminar am 19. Oktober des vergangenen Jahres habe er sich in einer Weise geäußert, die den öffentlichen Frieden stören und zum Hass gegen homosexuelle Menschen aufstacheln könne, begründete der Sprecher der Bremer Staatsanwaltschaft, Frank Passade, die Klage vor dem Amtsgericht. Zugleich verletzten die Äußerungen die Menschenwürde. Schon jetzt darf der 52-Jährige nicht mehr auf die Kanzel.

Im Mai hatte die Bremische Evangelische Kirche wegen der Latzels Worte ein Disziplinarverfahren gegen den Pastor eröffnet, das aber derzeit ruht. Das gilt auch nach der Klageerhebung bis zu einem möglichen Urteil. Zunächst prüfe das Amtsgericht, ob ein Hauptverfahren eröffnet werde, sagte Gerichtssprecherin Cosima Freter dem epd. Dazu seien Latzel und sein Verteidiger um Stellungnahmen gebeten worden, die bis Mitte des Monats eingehen müssten. Falls es ein Verfahren gebe, rechne sie nicht vor dem letzten Quartal des Jahres mit einer Eröffnung.

„Der ganze Genderdreck…“

Der konservative evangelische Theologe hatte im Verlauf des Seminars gesagt, Homosexualität stehe gegen die göttliche Schöpfungsordnung. Er warnte vor einer „Homolobby“: „Überall laufen die Verbrecher rum vom Christopher Street Day. Der ganze Genderdreck ist ein Angriff auf Gottes Schöpfungsordnung, ist teuflisch und satanisch.“ Das verunsichere Leute, zerstöre Zivilisation und Kultur.

In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzel
In der evangelischen St. Martini-Kirche in Bremen predigt Olaf Latzelepd

Aufgrund der Äußerungen hatte auch der Trägerverein des Christopher Street Days (CSD) in Bremen Strafantrag gestellt. Er kritisierte, fundamentalistische Hasspredigten zerstörten ein friedliches Gesellschaftsklima. Der CSD begrüße die Anklage, sagte Vorstand Robert Dadanski dem epd. Die Einschätzung der Staatsanwaltschaft zeige, dass es hier nicht um verletzte Gefühle gehe, sondern um gebrochenes Gesetz. Der CSD hoffe, dass es zu einem Verfahren komme, in dem deutlich werde, „dass es nicht in Ordnung ist, zu hassen und zu diskriminieren“.

Predigen und Bibelstunden abhalten darf Latzel offensichtlich schon jetzt nicht mehr. Es gebe eine entsprechende einstweilige Verfügung der Bremischen Evangelischen Kirche, sagte Kirchenvorstandsmitglied Michael Franke in einem Video, das die Martini-Gemeinde online gestellt hatte. Dies sei ein „unbegreiflicher Vorgang“, Kirchenvorstand und Gemeinde seien „tief betroffen“.

Pastor Latzel habe Predigtverbot, bestätigte ein weiterer Mitarbeiter der Gemeinde am Donnerstag dem epd. Der Kirchenvorstand wolle sich noch im Laufe des Donnerstags treffen, um die Lage zu besprechen und eine Erklärung für Sonntag vorzubereiten. Die Leitung der Bremischen Evangelischen Kirche wollte sich zunächst nicht äußern. Für Freitag sei ein Dienstgespräch mit Pastor Latzel geplant, dem man nicht vorgreifen wolle.

Immer wieder Attacken

Ein Audio-Mitschnitt des Seminar war über Monate online auf Youtube abrufbar und so für jedermann einsehbar. Mittlerweile ist die Aufnahme nicht mehr öffentlich. Der evangelikale Theologe ist in der Vergangenheit schon öfter in die Kritik geraten, unter anderem weil er 2015 Buddhisten, Katholiken und Muslime diffamiert hatte. Für bundesweite Schlagzeilen sorgten Latzel und die Gemeinde auch 2008, als sie einer Pastorin ihre Kanzel verwehrten, weil sie die Ordination von Frauen strikt ablehnen.

In den zurückliegenden Wochen hatten mehr als 20.000 Unterstützer in einer Online-Petition Latzel den Rücken gestärkt. Auf einem anderen Portal im Netz forderten rund 13.000 Kritiker seine Absetzung.

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