Spenden erwünscht: Der Wiesenburger Epitaph braucht Hilfe

Die vorweihnachtliche Spendenaktion „Vergessene Kunstwerke brauchen Hilfe“ sammelt für die Restaurierung des Wiesenburger Epitaphs der Margareta von Dießkau in Brandenburg.

Epitaph aus Wiesenburg mit Bildnis der Margarete von Dießkau
Epitaph aus Wiesenburg mit Bildnis der Margarete von DießkauClaudia Rückert

Die alljährliche Spendenaktion in der Vorweihnachtszeit hat Tradition. Bereits zum 15. Mal bitten die Evangelische Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO), das Brandenburgische Landesamt für Denkmalpflege und der Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg in einem gemeinsamen Aufruf die Bürgerinnen und Bürger um Spenden für die Restaurierung wertvoller religiöser Zeugnisse in Brandenburg. In diesem Jahr wird zugunsten des wertvollen Epitaphgemäldes in der Kirche St. Marien in Wiesenburg im Kirchenkreis Mittelmark-Brandenburg gesammelt.

Beeindruckendes Holztafelbild

Die Wiesenburger Kirche, ein Feldsteinbau aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts mit Erneuerungen vor allem im 18. und 19. Jahrhundert, beherbergt eine Reihe bemerkenswerter Ausstattungsstücke.

Kirchturm St. Marien in Wiesenburg / Fläming
Kirchturm St. Marien in Wiesenburg / FlämingImago / Steinach

Erwähnenswert sind der älteste Grabstein Brandenburgs von 1257, der Altaraufsatz des Torgauer Bildhauers Georg Schröter von 1561 und die zahlreichen Gedächtnis -male für die seit dem 15. Jahrhundert in Wiesenburg ansässige Adelsfamilie Brandt von Lindau. Vor allem beeindruckt das von Friedrich III. Brandt von Lindau gestiftete Epitaphgemälde für seine 1568 im Kindbett gestorbene Frau, Margareta von Dießkau.

Auf der Inschriftentafel heißt es: „Anno 1568 Am Sonabent den 22 Novembris frue Zwischen 5 und 6 ist die Edle und tugentsame fraw Margareta geboren von Diskaw des gestrengen und Ebrnvesten Friderich Brandt v. Lindaw, ehliche hausfraw in der Wochen den 9 thag in Gott sanft entschlaffen und von eine junge Tochter genesen.“

Sterbende Wöchnerin übergibt ihr Neugeborenes

Das für seine Zeit außergewöhnlich anrührende Holztafelbild zeigt die von ihrer Familie umgebene und in einem Baldachinbett liegende Wöchnerin Margareta. Dargestellt ist der Moment, in dem die Sterbende ihr Neugeborenes einer Verwandten übergibt. Dieser besondere Augenblick wird durch das rot gekleidete Engelchen am Kopfende des Bettes betont. Es überbringt die Sterbekerze. Geburts- und Sterbeszene verschmelzen hier in einem Bild. Im Kreise der Trauernden treten zwei weitere Personen hervor, der Ehemann mit dem zur Brust geführten Taschentuch neben dem Bett rechts und die auf einem Stuhl links des Bettes sitzende weibliche Figur, vielleicht Margaretas Mutter. Der Kummer des Ehemanns zeigt sich auch in der Darstellung des Hundes, der für Treue und eine gute Ehe steht.

Jahrhundertelang bedeuteten Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett für Frauen ein hohes Sterberisiko. Vor allem das Kindbettfieber war gefährlich.

Alte Postkartenansicht des Ortes Wiesenburg in Brandenburg
Alte Postkartenansicht des Ortes Wiesenburg in BrandenburgImago / Arkivi

Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts führte das Wissen um Hygiene zum Rückgang der Müttersterblichkeit. Wie allgegenwärtig der Tod im Kindbett war, davon berichten eindrücklich die Einträge in den Kirchenbüchern und die zahlreichen Inschriften auf Epitaphien.

Epitaph aus der Cranach-Werkstatt

Das Wiesenburger Epitaph, dessen Malerei von sehr guter Qualität ist, wurde sehr wahrscheinlich in der Werkstatt von Lucas Cranach dem Jüngeren in Wittenberg gefertigt. Dafür sprechen drei Vergleichsbeispiele in der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg. Auch sie zeigen Architekturdarstellungen und werden mit dem in Braunschweig tätigen Künstler Peter Spitzer in Verbindung gebracht. Dokumentarisch belegt ist seine Zusammenarbeit mit der Cranach-Werkstatt für das Jahr 1545.

Im Gegensatz zu den Wittenberger Epitaphien erscheint die Wiesenburger Trauerszene, die in eine Renaissancekulisse gesetzt ist, jedoch sehr viel moderner. Vorbilder dürften italienische Architekturperspektiven gewesen sein. Gewünscht war der moderne Renaissancestil sicherlich vom Auftraggeber, der bereits mit der berührenden Darstellung seiner im Wochenbett sterbenden Frau die gängigen Konventionen sprengte. An dem Gemälde sind inzwischen zahlreiche Schäden, vor allem abgeplatzte Malschichten, zu beklagen, die eine baldige Restaurierung erfordern. Dafür wirbt die Aktion „Vergessene Kunstwerke“. Mit einer Spende können Sie zum Erhalt dieses außergewöhnlichen Bildes beitragen.

Spendenkonto: Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.
IBAN: DE94 5206 0410 0003 9113 90 Verwendungszweck: Wiesenburg