Sollten wir Taufe und Kirchenmitgliedschaft entkoppeln?

Bisher war klar: Wer Kirchenmitglied sein will, muss sich taufen lassen. Und wer sich taufen lässt, wird Kirchenmitglied. Ist das noch sinnvoll, fragt man sich in Mecklenburg-Vorpommern.

Eine Erwachsenentaufe in Hannover
Eine Erwachsenentaufe in Hannoverepd-Bild / Jens Schulze

Theologisch gesehen ist es klar: Wer sich taufen lässt, bindet sich nicht nur an Christus, sondern auch an die christliche Gemeinschaft. Er wird Mitglied der Institution Kirche, mit allen Rechten und Pflichten, zahlt etwa Kirchensteuer und kann sich in den Kirchengemeinderat und eine Synode wählen lassen. Umgekehrt gilt auch: Wer Kirchenmitglied sein will, muss sich taufen lassen.

Aber ist diese Verknüpfung noch zeitgemäß? Auf der mecklenburgischen Kirchenkreissynode vor Kurzem war es Thema: dass sich in den Gemeinden viele Menschen einbringen, die sich der Kirche verbunden fühlen, aber nicht oder noch nicht getauft sind – und deshalb in keiner Statistik auftauchen, auf dem Papier gar nicht dazugehören.

Wäre eine Kirchenmitgliedschaft auf Probe denkbar?

„Vielleicht könnte man für sie eine Kirchenmitgliedschaft auf Probe oder eine Vorstufe zur vollen Mitgliedschaft einrichten“, sagt die Neustrelitzer Pröpstin Britta Carstensen auf Nachfrage von evangelische-zeitung.de. Bisher sei da nichts geplant im Kirchenkreis. „Das müsste auch von der Evangelischen Kirche Deutschland kommen.“ Aber die Frage sei schon eine Überlegung wert.

Zumal: „Bald werden wir es nicht mehr schaffen, unsere Arbeitsbereiche nur aus Kirchensteuermitteln zu finanzieren.“ Würden all die Ungetauften, die sich in Chören, Konzerten, Jugendgruppen oder anderen Kreisen ihrer Gemeinde tummeln, um Beiträge gebeten, könnte man vielleicht manches retten. „Das müssten aber regelmäßige Spenden sein, weil wir ja auch unsere Stellen dauerhaft finanzieren müssen“, sagt Britta Carstensen. Und anders als die Kirchensteuer müssten diese Gelder direkt in die Gemeindekassen fließen.

„Manchen ist die Institution Kirche suspekt“

„Was die Mecklenburger da beschreiben, nehme ich auch wahr“, sagt Pastor Martin Wiesenberg, der in der Pommerschen Landeskirche jahrelang als Taufpastor gearbeitet hat. Aber auch die umgekehrte Frage beschäftigt ihn: Muss jemand, der sich taufen lässt, unbedingt Mitglied der Kirche werden? „Ich denke da an einen Mann, der bei der Taufe lange gezögert hat, weil er gesagt hat: Mit der Institution Kirche will ich eigentlich nichts zu tun haben“, erzählt er. Solche Fälle könnten zunehmen.

„Bei manchen ist es ja so: Wenn sie einmal von Missbrauch in der Kirche gehört haben, kommt ihnen die ganze Institution suspekt vor.“ Zur Gemeinde in ihrem Wohnort hätten sie aber vielleicht Vertrauen. „Ich frage mich, wie wir diesen Menschen entgegenkommen könnten.“ Die Taufe sei für sie ein Lebensschritt, die Kirchenmitgliedschaft eine ganz andere Frage. „Theologisch ist es aber natürlich schwierig, denn die Kirche, die Ekklesia, ist die Gemeinschaft der Gläubigen, und in diese Gemeinschaft wird man hineingetauft.“ Wiesenbergs Fazit daher: „Es wäre wichtig, mal offen zu durchdenken: Welche Auswirkungen hätte es, wenn wir es so oder so regeln würden?“