Sicher und schnell Rad fahren

Theo Sorg hat einen der wenigen Radschnellwege in Deutschland schon selbst ausprobiert. Er ist auf einem Teilstück des RS 1 geradelt, der eines Tages auf hundert Kilometern von Moers nach Hamm durchs Ruhrgebiet führen soll. Radfahrer, Kinder und Leute mit Hunden seien dort unterwegs, trotzdem bleibe alles entspannt: „Das ist toll, man kann einfach fahren, man sieht die Entgegenkommenden.“

Radfahren ist gesund und gut fürs Klima, aber es braucht vor allem ungefährliche Wege, damit die Leute aufs Fahrrad umsteigen. Ein Baustein sind Radschnellwege: Auf den vier Meter breiten Strecken können Radler sicher und schnell fahren, mit möglichst wenig Steigungen und Unterbrechungen.

2018 ermittelte eine Studie der damaligen Hessischen Landesregierung das Potenzial für das Bundesland und kam auf mehrere Trassen mit insgesamt 130 Kilometern Länge – die meisten im Rhein-Main-Gebiet auf Frankfurt zulaufend. Jetzt liegen 13 Machbarkeitsstudien vor, die jüngste Ende vergangenen Jahres für die Wetterau.

Damit stehe fest: „Alle Trassen sind im Prinzip machbar“, sagt der Geschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Hessen, Sofrony Riedmann. Gebaut wurden in Hessen bisher aber nur acht Kilometer zwischen Darmstadt und Frankfurt.

Gründe dafür sind unter anderem die aufwendige Planung und Bauweise. Es gibt technische Regeln wie Wegbreite oder Zahl der Kreuzungen, manchmal sind zusätzliche Brücken nötig. All das macht Radschnellwege teuer: Im Moment müsse man mit einer Million Euro pro Kilometer planen, sagt Riedmann. „Das klingt erstmal viel.“

Der ADFC fordert: Die Landesregierung sollte in den nächsten zehn Jahren 250 Kilometer Radschnellwege schaffen – das bedeute Kosten von 25 Millionen Euro pro Jahr. Im Vergleich zu anderen Baumaßnahmen – Riederwaldtunnel, Fernbahntunnel Frankfurt – wäre das günstig, betont Riedmann. Insgesamt sei die Infrastruktur für Radschnellwege wesentlich „kleiner“ als etwa für eine Autobahn und „zerschneidet auch nicht die Landschaft“.

Von Radschnellwegen könnten vor allem die umliegenden Kommunen der Ballungszentren stark profitieren. Sie nehmen einen Teil des Pendelverkehrs auf, sagt Riedmann, und entlasten damit andere Verkehrsträger wie Straßen und Bahn, „die jetzt schon ausgelastet sind“.

Und tatsächlich tut sich etwas: Nach Angaben des hessischen Wirtschaftsministeriums laufen derzeit einige „vertiefte Planungen“ im Anschluss an fertige Machbarkeitsstudien, zum Beispiel im Landkreis Groß-Gerau für die Strecke Groß-Gerau – Flughafen Frankfurt, im Landkreis Darmstadt-Dieburg entlang der B3 und im südhessischen Viernheim für den hessischen Abschnitt der Verbindung Mannheim – Viernheim – Weinheim. Auch würden konkret einige Projekte umgesetzt, etwa zwischen Kassel und Vellmar. Und auf dem Radschnellweg Darmstadt-Frankfurt habe ein neuer Bauabschnitt begonnen, so dass dort in knapp sechs Monaten die Radler auf zehn Kilometern fahren können.

Die Landesregierung halte Radschnellwege für einen „wichtigen Bestandteil, um die Verkehrswende in Hessen umzusetzen“, erklärt das Wirtschaftsministerium. „Wir haben uns zum Ziel gesetzt, die Planung und Umsetzung aller Radwege zu vereinfachen und die Verfahren zu beschleunigen.“

In der Wetterau seien nach Abschluss der Machbarkeitsstudie nun die Gemeinden gefragt, erläutert Theo Sorg, der sich im örtlichen ADFC engagiert. „Da starten jetzt die Diskussionen.“ Die Stimmung sei „aufgeschlossen“. Der Weg, würde er gebaut, wäre zwischen Butzbach und Frankfurt fast 50 Kilometer lang. Interessant sei auch die Anbindung an die Bahnhöfe: „Man muss ja nicht die gesamte Strecke fahren. Es ist schon ein Gewinn, wenn ich einen Bahnhof erreiche.“