Schiedsgericht soll über Rückgabe von NS-Raubkunst entscheiden

Über die Rückgabe von NS-Raubkunst soll künftig eine Schiedsgerichtsbarkeit entscheiden. Darauf haben sich die Kulturminister der Länder mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) und den kommunalen Spitzenverbänden verständigt, teilte die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) am Mittwoch in Berlin mit. Die Schiedsstelle soll an Stelle der bisherigen Beratenden Kommission eingesetzt werden.

Die Kommission wurde 2003 von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden eingerichtet, um bei Differenzen über die Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter zu vermitteln. Laut der BKM soll es zudem künftig möglich sein, einseitig ein entsprechendes Verfahren gegenüber öffentlichen Kulturgut bewahrenden Stellen einzuleiten.

Grundlage für die neue Schiedsgerichtsbarkeit sei ein ausdifferenzierter Bewertungsrahmen und eine neue Verfahrensordnung, hieß es. Zudem sollen die Anmelder von Ansprüchen in das Verfahren besser einbezogen sowie die Provenienzforschung gestärkt werden.

Der Vorsitzende der Kulturministerkonferenz, Hessens Kulturminister Timon Gremmels (SPD), sprach am Mittwoch von einem wichtigen Schritt für ein beschleunigtes und transparentes Restitutionsverfahren in Deutschland: „Mit der Einrichtung einer Schiedsgerichtsbarkeit schaffen wir es, dass aus Empfehlungen Entscheidungen werden und sorgen dafür, dass wir den Interessen der Betroffenen besser gerecht werden.“ Kulturstaatsministerin Roth erklärte, der gemeinsame Beschluss sei ein großer und wichtiger Fortschritt, um die Rückgabe von NS-Raubkunst „sehr deutlich zu verbessern“. Die Reform solle bis Ende des Jahres umgesetzt werden.

Zuvor hatte unter anderem der NS-Raubkunst-Experte Benjamin Lahusen mehr Möglichkeiten zur Rückerstattung von Kunstwerken an Erben gefordert. Ein Gesetz dafür, wie jüngst unter anderem von Bayerns Wissenschaftsminister Markus Blume (CSU) gefordert, sei dabei jedoch nicht hilfreich, sagte der Juraprofessor der Viadrina-Universität in Frankfurt an der Oder dem Berliner „Tagesspiegel“ (Mittwoch): „Am dringendsten und noch dazu einfach zu haben wäre endlich die einseitige Anrufbarkeit der Beratenden Kommission.“

Einen Rechtsanspruch gegen die öffentliche Hand einzuführen, höre sich zwar „verführerisch“ an, sagte Lahusen, der von 2020 bis 2023 Geschäftsführer der Beratenden Kommission war. Die Fälle würden dann jedoch vor den Verwaltungsgerichten verhandelt. Dies könnte eine „starke Verengung des Diskurses“ und „in gewisser Weise eine Automatisierung der Entscheidungsprozesse“ zur Folge haben, sagte der Jurist: „Mit einem Gesetz würde man mindestens so viel kaputt machen wie gewinnen.“ Aus Bayern, Nordrhein-Westfalen und Sachsen war in einem am Dienstag bei „faz.net“ veröffentlichten Gastbeitrag eine gesetzliche Grundlage für die Rückgabe von NS-Raubkunst gefordert worden.