Evangelische Kirche muss Millionen nachschießen

Am 31. Oktober feierten die Protestanten 500 Jahre Reformation – zwei Wochen später wird bekannt, dass das Jubiläum deutlich teurer war als geplant. Aber die EKD-Synode blickt auch nach vorn: Nachgedacht wird etwa über eine «Schnuppermitgliedschaft».

Norbert Neetz

Bonn (epd). Das gerade zu Ende gegangene 500. Reformationsjubiläum wird für die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) deutlich teurer als geplant. Sie muss bis zu zwölf Millionen Euro nachschießen, der überwiegende Teil davon für den Verein Reformationsjubiläum, der die Veranstaltungen in Wittenberg wie die Weltausstellung Reformation koordiniert hat. Grund seien unter anderem erhöhte Sicherheitsvorkehrungen sowie weniger verkaufte Eintrittskarten und geringere Sponsoring-Erlöse, sagte EKD-Ratsmitglied Andreas Barner am Montag auf der Synode in Bonn. Dennoch habe sich die Investition in das Reformationsjubiläum gelohnt, betonte er bei der Einbringung des Haushalts 2018. Für das laufende Jahr sei ein erhöhter Zuschussbedarf in Höhe von 6,5 Millionen Euro für den Verein entstanden, erläuterte Barner.

Ebenfalls noch für 2017 sind 3,5 Millionen Euro für «möglicherweise notwendige weitere Zuwendungen» für das Festjahr vorgesehen. Im Haushalt 2018 sollen zwei Millionen Euro für die Abwicklung des Vereins eingeplant werden.

Die Besucherzahl der Weltausstellung Reformation mit 294.000 Eintritten war hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Für die zentralen Veranstaltungen zum Reformationsjubiläum wie die Weltausstellung und den Kirchentag in Berlin und Wittenberg hatte die EKD ursprünglich 30 Millionen Euro vorgesehen. Für die Mehrkosten will sie alleine aufkommen und dafür auf eigens gebildete Rücklagen zurückgreifen.

Barner sagte, in der Gesamtbetrachtung sei die Investition der EKD in das Reformationsjubiläum «sehr sinnvoll». «Denn wir haben zusammen mit vielen Partnern aus Staat, Kommunen, Kultur und Wissenschaft ganz viel bewegt», sagte er. Für 2018 sieht der EKD-Haushalt Ausgaben in Höhe von insgesamt 217,9 Millionen Euro vor. Das ist ein Anstieg um 2,2 Millionen Euro. Wichtigste Finanzierungsquelle für die EKD ist eine von den 20 Landeskirchen aufzubringende Umlage. Diese steigt um fünf Prozent auf 90,8 Millionen Euro.

Weitreichende Reformen angedacht

Nach dem Reformationsjubiläum will die evangelische Kirche weitreichende Reformen in Angriff nehmen. Die EKD-Synode startete am Montag einen Diskussionsprozess über ihre Zukunftsfähigkeit angesichts eines Mitglieder- und Bedeutungsverlusts. Konkrete Veränderungen klangen für die Gestaltung der Gottesdienste und der oft als starr empfundenen Kirchenmitgliedschaft an.

Gottesdienste müssten einladender, professioneller und kürzer werden, sagte der Münsteraner Religionssoziologe Detlef Pollack vor den Synodalen. Viele hätten am Sonntagvormittag anderes zu tun, das ihnen wichtiger sei, daher sollte ein Gottesdienst nicht länger als 50 oder 60 Minuten dauern. Die 120 Mitglieder des Kirchenparlaments wollen bei ihrer bis Mittwoch dauernden Jahrestagung ein Papier erarbeiten, das Anstöße für mögliche Veränderungen gibt.

Konkret wird etwa gefragt, ob das Kirchenmitgliedschaftsrecht «vielfältiger» gestaltet werden kann. Anlass dafür sei das «Bedürfnis vieler Menschen, Kirche erst einmal auszuprobieren», sagte der Vizepräses der EKD-Synode und rheinische Oberkirchenrat Klaus Eberl.

Allerdings werfe eine gestufte Mitgliedschaft grundlegende Fragen etwa nach der Kirchensteuer und nach Verbindlichkeit auf. Noch lasse sich nicht vorhersagen, was die entsprechenden Überlegungen ergeben, sagte Eberl. Die katholische Politikwissenschaftlerin und Journalistin Christiane Florin bemängelte, in beiden großen Kirchen gebe es wenige Orte, an denen über die vielbeschworene Botschaft gesprochen werde: «Was ich wirklich glaube, ist selten ein Thema.» Sie warnte die Kirchen vor «Selbstgenügsamkeit» und vor einer Überschätzung der inneren Pluralität. Die Pole hießen nicht mehr «evangelisch» oder «katholisch», sondern «liberal» oder «autoritär», sagte Florin.