Rasanter Anstieg von Kinderpornografie

Die Zahl der registrierten Fälle von Kinderpornografie in Baden-Württemberg ist in den vergangenen fünf Jahren stark gewachsen. Waren es 2019 noch 1.434 Fälle, so erfassten die Behörden im vergangenen Jahr 4.256, teilte Innenminister Thomas Strobl (CDU) in einer am Donnerstag veröffentlichten Antwort auf eine Anfrage der CDU-Landtagsfraktion mit. 2021 waren es sogar 4.873 gewesen.

Die Ursache für den Anstieg liegt laut Innenministerium nicht in Deutschland, sondern in den USA. Dort arbeitet das „Nationale Zentrum für vermisste und ausgebeutete Kinder“ (NCMEC) mit sozialen Netzwerken und anderen Plattformen zusammen, um den Anbietern von Kinderpornografie auf die Spur zu kommen. Verdachtsfälle mit Bezug nach Deutschland werden seit wenigen Jahren ans Bundeskriminalamt und von dort an die Behörden in den Bundesländern weitergeleitet.

Damit dürfte auch der Anstieg bei der erfassten Jugendpornografie in jüngster Zeit zu erklären sein. Hier gab es 2019 in Baden-Württemberg 301 Fälle, im vergangenen Jahr 1.026. Die Täter sind zu einem erheblichen Teil unter 21 Jahren. Die Behörden gehen davon aus, dass kinderpornografische Bilder und Videos vor allem über Messengerdienste verbreitet werden. Doch auch das sogenannte Darknet, dessen Informationen häufig anonym abgerufen werden können, spielt dem Ministerium zufolge bei der Verbreitung von Kinderpornografie eine bedeutende Rolle.

Von den Tatverdächtigen sind rund 70 Prozent bei der Kinderpornografie und 80 Prozent bei der Jugendpornografie deutsche Staatsbürger. Unter den ausländischen Tatverdächtigen sticht eine hohe Zahl von Rumänen, Syrern und Irakern hervor.

Von den erfassten Tatverdächtigen waren 2023 bei der Kinderpornografie 303 Wiederholungstäter, bei der Jugendpornografie 33. Inwiefern Kinderpornografie in der eigenen Familie erstellt wurde, lässt sich aufgrund der Kriminalstatistik nicht sagen. Es handele sich dabei nicht um „Opferdelikte“ wie etwa beim sexuellen Missbrauch, da die Verbreitung des pornografischen Materials auch ohne Bezug zum Opfer eine Straftat sei. Deshalb werde ein Bezug der Täter zu den missbrauchten Minderjährigen nicht erfasst.

Zwischen 2019 und 2022 sind den Angaben zufolge 972 Personen im Südwesten wegen sexuellen Missbrauchs oder Kinderpornografie verurteilt worden. Davon erhielten 692 Freiheitsstrafen, die in 441 Fällen zur Bewährung ausgesetzt wurden. Derzeit sitzen in Baden-Württembergs Gefängnissen 210 Menschen wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern oder Jugendlichen. Zwischen 2019 und 2023 mussten 1.933 Ermittlungsverfahren eingestellt werden – in der Regel, weil man keinen Täter ermitteln konnte.

Das Innenministerium wirbt seit Längerem für eine Einschränkung des Datenschutzes, um den Tätern auf die Spur kommen zu können. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Speicherung der IP-Adresse, mit der Menschen im Internet unterwegs sind. Das Bundesverwaltungsgericht hatte 2023 diese Datenspeicherung für unvereinbar mit EU-Recht erklärt. Am 30. April dieses Jahres habe es aber ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs gegeben, das die Speicherung der IP-Adressen zur Bekämpfung von Straftaten unter bestimmten Voraussetzungen für gerechtfertigt erkläre, heißt es in der Antwort. Das Ministerium spricht sich dafür aus, die im Urteil aufgezeigten Spielräume vollständig zu nutzen. (1560/11.07.2024)