Protest in Berlin: „Die Pflege ist ein Pflegefall“

Die Not ist groß, die Wut auch: Die Beiträge zur Pflegeversicherung steigen, die Bedingungen verbessern sich aber nicht. Zum Tag der Pflege sind Pflegekräfte auf die Straße gegangen.

In Berlin demonstrierten zahlreich Pflegekräfte
In Berlin demonstrierten zahlreich PflegekräfteImago / epd

Zum Internationalen Tag der Pflege haben in Berlin auf mehreren Veranstaltungen Hunderte Menschen für bessere Rahmenbedingungen in der Pflege demonstriert. Kritisiert wurden eine schlechte Bezahlung der professionellen Pflegekräfte, zu wenig Unterstützung für pflegende Angehörige sowie stetig steigende Beiträge für die Pflegeversicherung. Diakonie-Vorständin Maria Loheide sagte auf einer Kundgebung vor dem Berliner Hauptbahnhof: „Die Pflege selbst ist schon längst ein Pflegefall.“

Nötig sei eine „grundlegende Pflegereform“, um künftig in einer stetig älter werdenden Gesellschaft „eine würdevolle Pflege für alle Menschen zu sichern“. Auf Plakaten hieß es unter anderem „Wir retten Leben – wer rettet uns?“ und „Die Pflege arbeitet härter als die Politik“. Kritik gab es auch an der Zunahme der Leiharbeit: „Leasingmarkt macht uns kaputt“.

Für faire Bedingungen

Zu der Demonstration am Hauptbahnhof hatten die Diakonie Deutschland und der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) aufgerufen. Der Bundesverband Pflegemanagement suchte vor dem Reichstagsgebäude auf dem Platz der Republik den „Austausch“ mit der Politik. Außerdem war ein vor allem von Auszubildenden organisierter „Walk of Care“ geplant. Im Rahmen einer Social-Media-Kampagne für faire Bedingungen in der Pflege posteten diakonische Einrichtungen unter „#5nach12“ Bilder, Kommentare und Videos.

Der DEVAP-Vorstandsvorsitzende Wilfried Wesemann forderte eine grundlegende Struktur- und Finanzreform der Pflege, „damit wir endlich vor die Krise kommen“. Dabei verwies er auch auf eine in dieser Woche veröffentlichte Umfrage unter Einrichtungen. Neun von zehn Pflegediensten mussten bereits wegen des Fachkräftemangels neue Pflegekunden ablehnen.

Als ein Vertreter pflegender Angehöriger kritisierte Jochen Springborn eine finanzielle „Ungleichbehandlung“ von stationärer und häuslicher Pflege. Die Politik wälze jetzt die Kosten auf die Pflegebedürftigen und deren Angehörige ab: „Für die häusliche Pflege ist es mindestens schon halb eins und nicht fünf nach zwölf“, sagte Springborn.

Zum Tag der Pflege äußerte sich auch der Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste, Bernd Meurer. „Eine massive Ausweitung der Zuwanderung in die Pflegeberufe würde eine spürbare Entlastung für Pflegende und Pflegeeinrichtungen bedeuten“, sagte er. Derweil forderte die Präsidentin der Arbeiterwohlfahrt, Kathrin Sonnenholzner, eine Begrenzung der Leiharbeit in der Pflege. Dies sei längst überfällig, sagte sie. „Leiharbeit schafft zwei Klassen von Pflegenden, konterkariert Beziehungspflege und Teambuilding und zermürbt das Stammpersonal.“

Keine Entlastungen in Sicht

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, rügte, dass die geplante Pflegereform für die häusliche Versorgung der über vier Millionen Pflegebedürftigen keine Entlastungen vorsehe. Er forderte einen Rechtsanspruch auf Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Auch müsse das Pflegegeld um mindestens 340 Euro monatlich pauschal erhöht und dann jährlich dynamisiert werden. „Seit sechs Jahren warten die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen auf diese Anpassungen“, sagte Brysch.