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Pro Asyl stellt Strafanzeige gegen Minister Wadephul und Dobrindt

Gegen den Außenminister und den Innenminister liegt eine Strafanzeige vor: Die Bundesminister hätten sich strafbar gemacht, weil sie gefährdete Afghanen, die in Pakistan auf ihre Ausreise warten, im Stich gelassen hätten.

Die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl hat am Freitag Strafanzeige gegen Außenminister Johann Wadephul (CDU) und Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) gestellt. Beide hätten sich unter anderem der unterlassenen Hilfeleistung schuldig gemacht, kritisierte Pro Asyl am Freitag in Frankfurt.

Wadephul und Dobrindt hätten “zugelassen, dass Afghaninnen und Afghanen von Pakistan nach Afghanistan abgeschoben wurden, obwohl sie eine Aufnahmezusage für Deutschland haben”. Pro Asyl hat die Strafanzeige nach eigenen Angaben zusammen mit dem Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte am Freitagmorgen elektronisch bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingereicht.

Pakistan habe am 13. August insgesamt 34 Afghaninnen und Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage nach Afghanistan abgeschoben, hieß es weiter. In den Wochen zuvor seien in Pakistan bereits mehr als 400 afghanische Staatsangehörige mit deutscher Aufnahmezusage verhaftet worden.

Zudem seien in der Nacht zum 14. August laut Medienberichten weitere 20 Afghanen und Afghaninnen mit Aufnahmezusage nach Islamabad gebracht worden, von wo sie abgeschoben werden sollten – was auch der Bundesregierung bekannt sei. Aktuell seien noch rund 2.000 Afghaninnen und Afghanen mit deutscher Aufnahmezusage in Pakistan.

Seit vier Jahren herrschten die Taliban mit brutaler Gewalt, betonte Pro Asyl. Den von den pakistanischen Behörden abgeschobenen Afghanen und Afghaninnen drohten willkürliche Inhaftierung, Misshandlungen oder gar Hinrichtungen, hieß es.

“Diese Abschiebungen und die Gefährdung der Menschen sind Resultat deutschen Regierungshandelns”, betonen Pro Asyl und das Netzwerk Ortskräfte. “Statt den Menschen endlich die durch die Aufnahmezusagen versprochenen Visa zu erteilen, haben die deutschen Verantwortlichen sie immer weiter hingehalten, obwohl das Risiko der Abschiebungen bekannt war”, erklärte Wiebke Judith, rechtspolitische Sprecherin von Pro Asyl.

Ein von Pro Asyl gemeinsam mit dem Patenschaftsnetzwerk Ortskräfte in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten zur Strafbarkeit deutscher Regierungsvertreter war bereits Anfang Juli veröffentlicht worden. Laut dem 61-seitigen Gutachten des Strafverteidigers Robert Brockhaus kommt eine Strafbarkeit wegen “Aussetzung” von Menschen in einer hilflosen Lage (Paragraf 221 StGB) und wegen unterlassener Hilfeleistung (Paragraf 323c StGB) in Betracht. Diese Straftatbestände sind nun auch in der Strafanzeige gegen Wadephul und Dobrindt aufgeführt. Die Staatsanwaltschaft Berlin sei “jetzt verpflichtet, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten und den Sachverhalt weiter zu ermitteln”, erklärte Brockhaus am Freitag.