Politisch engagiert und fromm

Zum Tod von Manfred Fischer, Pfarrer der Versöhnungsgemeinde Wedding. Von Monika Herrmann

Von Monika Herrmann

In den Medien war er der „Mauerpfarrer“. Klar, Manfred Fischer ist sozusagen der Initiator der Gedenkstätte in der Berliner Bernauer Straße. Unermüdlich hat er gekämpft, dass dieses Mauerstück erhalten bleibt. Oft mit harten Bandagen. Aber sein Kampf hat sich gelohnt. Die Gedenkstätte wird heute täglich von mehreren hundert Interessierten besucht.

Am Nikolaustag ist Manfred Fischer nach einer Operation im Berliner Herzzentrum gestorben. Dabei hatte er noch so viel vor: Ehrenamtlich das auf den Weg bringen, was ihm wichtig war. Erst vor ein paar Monaten ist er, 65-jährig, in den Ruhestand verabschiedet und mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. „Manfred wirkte in letzter Zeit sehr schwach, ließ sich aber nichts anmerken“, berichten Weggefährten.

Vor 38 Jahren kam er aus Frankfurt am Main in den alten Arbeiterbezirk Wedding. „Die damals geteilte Versöhnungs-Gemeinde wollte keiner, für mich war das eine Herausforderung“, erzählte er in Interviews. Die maroden Häuser mit den Kriegsschäden, die Menschen, die von Kahlschlagsanierung betroffen waren, hätten ihn auch fasziniert.Stadtteilarbeit verstand er als Seelsorge. Im Gemeindehaus trafen sich Aktivisten, Bürgerinitiativen und Menschen, die beteten. Kinder kamen nach der Schule und bekamen ein warmes Essen. Die „Bernauer 111“ wurde zum Anlaufpunkt für Menschen mit ihren Problemen. Manchmal fuhr der Pfarrer dann nach Assisi zu den Franziskanern, um sich spirituell aufzutanken. Politisches Engagement und Frömmigkeit ohne Pathos gehörten für ihn zusammen. Wenn er aus seinem Pfarrhaus trat, sah er die Versöhnungskirche hinter Mauer und Stacheldraht. „Unbenutzt stand sie da und ich musste diese absurde Situation mit den Gemeindegliedern aushalten“, sagte er. Auch die Sprengung der Kirche 1985 durch die DDR-Behörden.

Für Manfred Fischer war nach dem Fall der Mauer klar, dass man diese nicht einfach abreißen darf. Sein Plan: Eine Gedenkstätte an dieser Stelle, denn Spuren für die Orientierung waren ihm wichtig. Dafür hat er gekämpft. Unterstützung bekam er vom Deutschen Historischen Museum, von Politikern und sogar von ehemaligen Volkspolizisten, die an der Mauer Dienst taten. Einige Vertreter der Kirche hatten Bedenken und legten ihm anfangs Steine in den Weg. Da konnte er richtig wütend werden. Fischer ärgerte sich und kämpfte weiter, sammelte Spenden für den Bau der Kapelle im ehemaligen Mauerstreifen und legte einfach los.

Die aus Stampflehm gebaute Kapelle der Versöhnung wurde zum Wahrzeichen innerhalb der Gedenkstätte. Sie ist heute auch Gottesdienstraum für die Gemeinde. Das alte Gemeindehaus gehört jetzt – bis auf zwei kleine Zimmer – zur Gedenkstätte. „Wir beschränken uns auf das Wesentliche“, hat der Pfarrer immer gesagt und dass der Gottesdienst der eigentliche Besprechungsraum in der Gemeinde sei.

Mit Manfred Fischer ist die Gemeinde einen ganz eigenen Weg gegangen, nicht immer waren alle mit dem Pfarrer einig. Aber alle schätzten seine Zugewandtheit, Herzlichkeit und Aufmerksamkeit. Jetzt werden ihn viele vermissen. Vor allem seine Familie, seine Frau und seine Kinder.In der Kapelle liegt ein Buch aus, in das Besucher Gedanken zu Manfred Fischer einzutragen können. Die Trauerfeier findet am Freitag, 20. Dezember 2013, um 9 Uhr in der Evangelischen Kirche Französisch Buchholz in Berlin statt. Die Beisetzung ist um 10 Uhr auf dem Friedhof in Buchholz.

Ihre Gedanken an Manfred Fischer können Sie auch gleich hier formulieren. Bitte nutzen Sie dazu die Kommentarfunktion.

Weiterlesen