Pessach: So feiert Israel sein Fest mitten im Krieg

Eine Woche lang feiern Juden Pessach. Doch in diesem Jahr ist vieles anders. Das Fest ist geprägt vom Krieg – und einem Protest vor der Villa von Benjamin Netanjahu.

Ehemalige Geiseln und Angehörige von Geiseln feiern gemeinsam das Sedermahl in Tel Aviv
Ehemalige Geiseln und Angehörige von Geiseln feiern gemeinsam das Sedermahl in Tel AvivImago / Zuma Wire

Nur 18 Minuten und nicht länger. So lange darf es dauern, bis die dünnen Brotfladen, Mazzen genannt, angemischt, ausgerollt und gebacken sind. Die ungesäuerten Brote sind ein wichtiges Element des Pessachfestes. Sie erinnern an die Eile, mit der die Israeliten aus Ägypten flohen. Die Tora besagt, die Israeliten sollten während ihres Exodus aus Ägypten nur ungesäuertes Brot mitnehmen. Im Gedenken daran essen Juden Mazzen.

Dauert die Zubereitung länger als 18 Minuten, wird aus dem Brot Chametz, das während Pessach verboten ist. Als Chametz, wörtlich übersetzt Gesäuertes, gelten jedoch nicht nur die meisten Brote, Kuchen und Gebäcke, sondern auch Nudeln, Reis oder Bier. In israelischen Supermärkten sind deshalb noch bis zum Abend des 29. Aprils zahlreiche Regalreihen mit weißem Stoff bedeckt, da die Produkte nicht verkauft werden.

Pessach im Krieg: Rabbiner kämpft mit Tränen

Am Montagabend versammelten sich viele Menschen zum traditionellen Sedermahl mit der Familie oder anderen jüdischen Gläubigen, um die biblischen Erzählungen zu lesen und zu singen. Für viele dauerte der Sederabend bis tief in die Nacht. Trotz der fröhlichen Gesänge muss es vielen Jerusalemern schwer gefallen sein, nicht an den aktuellen Krieg zu denken – nicht zuletzt aufgrund der niedrig fliegenden israelischen Kampfjets, die dröhnend über den Nachthimmel zogen.

Debora, die erst seit kurzem in Israel lebt, feierte ihren Sederabend mit anderen Olim Hadachim, neuen jüdischen Einwanderern, in einer orthodoxen Gemeinde. Besonders bewegt war sie von den Worten des Rabbiners, der auch über die israelischen Geiseln sprach. „Er hat minutenlang mit den Tränen gekämpft“, sagt sie. Noch immer sind 133 Menschen in Geiselhaft der Terrororganisation Hamas. Die Terrororganisation hatte am 7. Oktober über 1.200 Menschen ermordet und mehr als 250 andere in den Gazastreifen verschleppt.

Nicht allen Israelis ist danach zumute, in dieser Woche mit Pessach die Freiheit zu feiern. Am Sederabend hatten sich hunderte Demonstranten, unter ihnen Angehörige der Geiseln, vor der Villa des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu versammelt, der dort mit seiner Familie das Sedermahl feierte. Laut israelischen Medienberichten zündeten die Demonstranten symbolisch einen gedeckten Tisch an – mutmaßlich, um ihrer Wut und Verzweiflung darüber Ausdruck zu verleihen, dass Netanjahu mit seiner Familie am Tisch feierte, statt einen Deal über die Freilassung der Geiseln auszuhandeln.

Kämpfe mit der Hisbollah

Auch David, der an der Hebräischen Universität studiert, macht sich Sorgen um die Geiseln: „Selbst wenn sie gegenwärtig noch am Leben sind, besteht die Gefahr, dass sie jeden Tag misshandelt werden. Als säkularer Mensch sehe ich aktuell keinen Grund, die Freiheit zu feiern.“

Zu Pessach dürfen im Judentum nur ungesäuerte Brote gegessen werden
Zu Pessach dürfen im Judentum nur ungesäuerte Brote gegessen werdenImago / USA Today Network

Während der Feiertage kam es laut Medienberichten an der Grenze zum Libanon zu Raketen-Angriffen der Hisbollah. Am Montagmorgen teilte die israelische Polizei mit, dass bei einem Terroranschlag in Jerusalem drei Männer verletzt worden waren. Medienberichten zufolge hatten die Männer Chametz verbrannt, als zwei Terroristen sie mit einem Auto rammten und versuchten, sie mit einer Maschinenpistole zu erschießen. Da die Waffe blockierte, hatten die Männer Zeit, wegzurennen. Sie sprachen danach von einem Pessach-Wunder.

Auch für den 35-jährigen Familienvater Oshri ist es wichtig, dieses Jahr das traditionelle Pessachfest zu feiern – trotz des Kriegs und der weltweit steigenden Zahl antisemitischer Angriffe: „Als Juden haben wir im Laufe der Jahre so viele Tragödien erlebt. Es ist unsere Verbindung zu unseren Wurzeln, die uns über die Jahrhunderte hinweg zusammengehalten hat.“