Nordkirche bekundet Solidarität mit Jüdinnen und Juden

Mit einem Eröffnungsgottesdienst hat die Landessynode der evangelischen Nordkirche am Freitag ihre 19. Tagung in Travemünde begonnen. Im Mittelpunkt in der St. Lorenzkirche standen Krieg und Terror im Nahen Osten, das Leid der Menschen in Israel und in Gaza, der wachsende Antisemitismus und die Sorge vor einer tiefen Spaltung der Gesellschaft hierzulande. Den Gottesdienst hielten Tilman Jeremias, Bischof im Nordkirchen-Sprengel Mecklenburg und Pommern, und Landesrabbiner Yuriy Kadnykov (Mecklenburg-Vorpommern) gemeinsam. Kadnykov predigte.

Der Landesrabbiner sprach über den 669 Mal in der hebräischen Bibel erwähnten Wiederaufbau Jerusalems. Dieser symbolisiere mehr als nur die Wiederherstellung physischer Strukturen. „Es ist die Erfüllung der Prophezeiungen. Es geht um die Erneuerung des Glaubens, der Hoffnung und der Gemeinschaft.“ Der Wiederaufbau sei für viele ein Akt des Glaubens, der zeige, „dass trotz aller Zerstörung die Hoffnung nie stirbt.“

In der heutigen Welt gebe es „viele Jerusalems’“, sagte Kadnykov: „Gemeinschaften, die durch Konflikte, Naturkatastrophen oder andere Krisen zerstört wurden“. Er appellierte: „Lassen Sie uns inspiriert von der Geschichte Jerusalems an unserem eigenen Wiederaufbau arbeiten – in unseren Gemeinden, in unseren Herzen und in unserer Welt. Lassen Sie uns eine Zukunft bauen, die auf den Werten des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe basiert.“

„Es ist so wichtig, dass wir jetzt zusammenstehen“, sagte Präses Ulrike Hillmann zu Kadnykov. „Wir versichern Sie unserer uneingeschränkten Solidarität.“ Aus der Geschichte erwachse dem deutschen Volk eine besondere Verantwortung für jüdische Mitbürgerinnen, Mitbürger und den Staat Israel als sicheren Zufluchtsort. Das dürfe nicht in Vergessenheit geraten.

Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt betonte, sie erlebe mit Sorge, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland erneut nicht sicher fühlen, dass antisemitische Vorfälle und Straftaten zunehmen. „Für uns im Bischofsrat ist klar: Das alles ist unerträglich und in keiner Weise zu akzeptieren. Es gilt, Antisemitismus und Judenhass klar entgegenzutreten und die unverbrüchliche Liebe und Treue Gottes zu seinem Volk Israel und unsere bleibende Verbundenheit mit ihm zu bezeugen“, sagte Kühnbaum-Schmidt.

Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt, Bischof Jeremias und Nora Steen, Bischöfin im Sprengel Schleswig und Holstein, trugen gemeinsam eine Solidaritätsbekundung des Bischofsrats vor. Antisemitismus in Deutschland zu bekämpfen, sei christlicher Auftrag, hieß es darin. Jeremias las: „Jede und jeder von uns kann Friedensstifterin und Friedensstifter sein. Lasst uns Brücken bauen! Lasst uns die Hände reichen!“ Kühnbaum-Schmidt verlas: „Wir verurteilen jede Form von Antisemitismus! Vor unseren Kirchentüren und in den eigenen Bankreihen. Antijüdische oder antiisraelische Hassparolen auf unseren Straßen können und werden wir nicht dulden.“

Kadnykov zeigte sich im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) tief bewegt: Er habe von der Kanzel aus Tränen in den Augen vieler Gottesdienstbesucher gesehen. Diese Tränen sagten mehr als Worte. Sie zeigten das Mitgefühl der Menschen.

Die Landessynode mit 156 Mitgliedern ist das Kirchenparlament und damit das höchste Leitungsgremium der Nordkirche und ihrer rund 1,8 Millionen Mitglieder. Die Synodalen repräsentieren die verschiedenen Ebenen der Nordkirche und arbeiten mehrheitlich ehrenamtlich.