Nicht pieksig und praktisch – Geburtstag der Sicherheitsnadel

Ein Lob auf die Sicherheitsnadel: Das kleine Metallstück, das Hosen mit abgerissenem Knopf bei Bedarf hochhalten und Blusen züchtig verschließen kann, dachte sich der Amerikaner Walter Hunt aus. 1849 meldete er Patent an.

Mancher trägt sie als punkigen Hingucker durchs Ohrläppchen geschoben, andere vergoldet als eher bürgerliches Accessoire an Bluse oder Strickjacke: Die Sicherheitsnadel – nicht pieksig und praktisch – wird bis heute jährlich in Milliardenhöhe produziert. Erst im Februar erregte Schauspielerin und Sängerin Miley Cyrus Aufsehen, als sie in einem Kleid, das ausschließlich aus goldenen Sicherheitsnadeln bestand, einen Grammy entgegennahm.

Der Amerikaner Walter Hunt dachte sich das zunächst vor allem praktische Alltagsutensil vor 175 Jahren aus; am 10. April 1849 meldete er Patent an. In Frankreich erkennt man die Herkunft bis heute am Namen: Sie heißt „epingle anglaise“, englische Nadel.

Angeblich braucht der damals 53-jährige Erfinder Hunt aus New York nur drei Stunden, um den Urtyp seiner „Safety Pin“ zu formen. Dazu bog er ein Stückchen Draht zurecht; das spitze Ende hakte er in eine Sicherheitsöse am anderen Ende ein.

Techniker Hunt, 1796 geboren, galt als der geborene Erfinder und hatte den Kopf offenbar voller guter Ideen: Neben der Sicherheitsnadel entwickelte er unter anderem auch die Nähmaschine, das Dreirad, den Füllfederhalter und die Straßenbahnglocke für die Pferdebahn. Insgesamt meldete er 26 Patente an.

Von seiner Sicherheitsnadel – Patent US6281A – hielt der Erfinder nur wenig und verkaufte sie für 400 US-Dollar an einen Mann, dem er 15 US-Dollar schuldete. Dadurch war er an den erheblichen Gewinnen der späteren Patentinhaber nicht beteiligt. „Das Bild vom armen Erfinder, dessen Kreationen andere reich machen, hat im Volksgemüt einen festen Platz, und selten passt es so perfekt wie auf Walter Hunt“, schrieb einmal die Irish Times.

Das Besondere von Hunts Nadel: Im Unterschied zu bisher bekannten Kleider- oder Schmucknadeln ragte das spitze Ende nicht mehr ungeschützt heraus, sondern war in einem abgerundeten Verschluss verborgen. Sicher in doppeltem Sinn also: Die Nadel kann nicht von selbst aufgehen, und ihre Spitze kann niemanden verletzen.

Sie sei „sowohl geeignet für den Gebrauch als Schmuckstück, als auch für normale Kleidung oder die Kinderstube“, schreibt Hunt zu seiner Erfindung. Ob als Notreparatur bei rutschender Hose oder aufgegangenem BH, als Hilfsmittel bei Karnevalskostümen oder früher wie heute in Säuglingspflege zum Verschließen von Windeln: Mittlerweile gibt es eigene Baby-Sicherheitsnadeln, die an Stoffwindeln oder Wickeltüchern befestigt werden können, ohne zu verletzen.

Das kleine Metallteil wird vielfach verwendet und ist auch im Alltag nützlich: Wenn etwa die Bänder des Kapuzen-Hoodies nach dem Waschen im Kleidungsstück verschwunden sind, hilft die Sicherheitsnadel ohne Rumgefrickel, sie wieder ganz herauszuziehen.

In der Modewelt schaffte die Sicherheitsnadel zudem – lange vor Miley Cyrus – den Aufstieg zum exquisiten Accessoire. Die britische Designerin Vivienne Westwood etwa kleidete bereits in den 1970er Jahren Punkbands in zerschlissene Anzüge, die von Sicherheitsnadeln zusammengehalten wurden. Berühmt wurde auch das „Sicherheitsnadelkleid“ (Safety Pin-Dress oder „That Dress“) von Versace: Das schwarze Abendkleid, mit tiefem Ausschnitt und seitlichen Schlitzen, wurde durch goldene Sicherheitsnadeln zusammengehalten und 1994 von der britischen Schauspielerin Liz Hurley bei der Filmpremiere von „Vier Hochzeiten und ein Todesfall“ erstmals getragen.

Ganz neu ist die Sicherheitsnadel indes nicht: Schon in der Bronzezeit vor 4.000 Jahren hielten Menschen mit ähnlichen Kleidernadeln, sogenannten Fibeln, Gewänder und Felle zusammen. Inwieweit sich Walter Hunt davon inspirieren ließ, ist unbekannt. Heute fertigt in Deutschland vor allem das Familienunternehmen Prym in Stolberg bei Aachen in großem Stil Nadeln aller Art. Zum Stecken, Sticken und Stricken – und natürlich sicherem Feststecken.