Neuer Arbeitsplatz: Jobcenter muss Mietkaution übernehmen

Ein Sozialgericht sieht die unterlassene Aufnahme einer Arbeit nicht als „sozialwidrigen Verhaltens“, wenn das Jobcenter die nötige finanzielle Unterstützung für einen Umzug verweigert.

Urteil: Jobcenter müssen Arbeitssuchenden die nötige Hilfe zahlen (Symbolbild)
Urteil: Jobcenter müssen Arbeitssuchenden die nötige Hilfe zahlen (Symbolbild)Imago / Jochen Eckel

Arbeitssuchende dürfen laut einem Gerichtsurteil nicht gezwungen werden, einen Job anzunehmen, wenn sie die neue Arbeitsstelle nicht als Tagespendler erreichen können und das Jobcenter die Übernahme der Mietkaution am neuen Arbeitsort verweigert. Das geht aus einem Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen hervor. Das Gericht gab damit in letzter Instanz einem schwerbehinderten Langzeitarbeitslosen aus Osnabrück recht, der eine Stelle in Düsseldorf nicht angetreten hatte, wie das Gericht in Celle mitteilte. Sein Verhalten sei nicht als „sozialwidrig“ einzustufen (AZ: L 11 AS 336/21). Eine Revision wurde nicht zugelassen.

Im vorliegenden Fall hatte sich der Osnabrücker den Angaben zufolge viele Jahre lang erfolglos auf eine Stelle als Buchhalter beworben. 2017 wollte das Jobcenter schließlich keine weiteren Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen mehr übernehmen, weil die Erfolgsaussichten zu gering seien. Überraschend erhielt der Mann dennoch 2019 einen Arbeitsvertrag als Buchhalter bei einer Behörde in Düsseldorf. Doch er trat seine neue Stelle nicht an, weil das Jobcenter die Übernahme der Mietkaution für eine neue Wohnung ablehnte.

Rückzahlung wegen „sozialwidrigen Verhaltens“

2020 forderte daraufhin das Jobcenter den Angaben zufolge von dem Mann 6.800 Euro. Er müsse Grundsicherungsleistungen zurückzahlen, weil er aufgrund eines „sozialwidrigen Verhaltens“ seinen neuen Job nicht angetreten habe. Dagegen klagte der Mann. Dass er die neue Stelle nicht antreten konnte, sei nicht seine Schuld gewesen. Den Mietvertrag in Düsseldorf habe er nicht unterschrieben, da er kein Geld für die Kaution gehabt habe und noch nicht aus seinem alten Mietvertrag entlassen gewesen sei.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen bestätigte die Rechtsauffassung des Mannes. Es liege außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass der Mann als bisheriger Bezieher von Arbeitslosengeld II oder als Arbeitnehmer in der Probezeit die Möglichkeit gehabt haben könnte, in der Nähe seines künftigen Beschäftigungsorts eine Wohnung anzumieten, ohne hierfür – wie marktüblich – eine Mietkaution zu zahlen. Dass der Mann nach vielen Jahren Leistungsbezug über eigene Rücklagen für eine Mietkaution verfügen könnte, sei weder ersichtlich, noch vom Jobcenter vorgetragen oder nachgewiesen worden.