Nächstenliebe satt

Wegen der Pandemie stockt die Versorgung Wohnungsloser. In Kiel reagierte die evangelische Stadtmission mit dem Projekt „SattMission“.

Der Koch Christopher Winkler vom Caterer „Guthaben – Kantinen und Catering“ füllt Teller mit warmen Mahlzeiten.
Der Koch Christopher Winkler vom Caterer „Guthaben – Kantinen und Catering“ füllt Teller mit warmen Mahlzeiten.epd/Anne Juka

Kiel. Mit der Schließung der Tafeln, von Mittagstischen und Suppenküchen wegen der Corona-Pandemie blieben zunächst viele Teller von Bedürftigen leer. Deshalb hat die evangelische Kieler Stadtmission im Frühjahr praktisch über Nacht die Kampagne „SattMission“ auf die Beine gestellt: Sieben Kieler Kantinen- und Restaurantköche erklärten sich dazu bereit, pro Tag 400 warme Mahlzeiten für die Betroffenen zu kochen. Heute, fast drei Monate später und zum 2. Sonntag nach Trinitatis, einem Sonntag, an dem Gott alle zu sich ruft, die es schwer im Leben haben, blicken die Helfer von Kiel auf ein kleines Wunder zurück.

„Wir standen am 23. März plötzlich vor der Situation, dass es für wohnungslose Menschen kein Essen mehr gab“, erinnert sich Karin Helmer, Geschäftsführerin der Kieler Stadtmission. Die ist für 1200 Wohnungslose in Kiel zuständig und bietet Angebote­ für psychisch erkrankte, wohnungs­lose, straffällige oder suchterkrankte Menschen. Unter den Wohnungslosen seien auch Familien mit Kindern, und alle müssten versorgt werden, so Helmer.

„Einmal spenden, zweimal helfen“

Weil nicht nur die Suppenküchen, sondern auch alle Restaurants schließen mussten und auch die Köche nicht viel tun konnten, entstand die Idee, dass diese für die Bedürftigen warme Mahlzeiten zubereiten könnten. „Einmal spenden, zweimal helfen“ lautet der Slogan, mit dem Gelder von Bürgern und Unternehmen eingeworben werden, die zum einen beim „Tischlein-deck-dich“ für Wohnungslose helfen und zum anederen den Köchen unter die Arme greifen. Denn diese haben dadurch wieder Arbeit.

Die sieben Köche arbeiten teils kostenlos

Die Teller füllen sich seitdem mit Kartoffeln, Fleisch, Gemüse oder vegetarischen Gerichten, Reis, Salat und Chili con Carne. Dafür gibt es Einmal-Geschirr mit drei Fächern. „Es gibt alles das, was wir selbst auch essen“, fasst Karin Helmer zusammen. Extravagantes ist nicht drin, denn das Essen müsse kostengünstig sein, weil es aus Spenden bezahlt werde. Jedoch wurde erfragt, wer Vegetarier sei – um den Speiseplan entsprechend anzupassen.

Das Essen hat viele begeistert: „Die Menschen konnten es kaum glauben.“ Großartig sei auch die Arbeit der Köche, die mit viel Engagement mitmachten, obwohl anfangs noch gar nicht klar war, ob genügend Mittel für die Aktion zusammenkommen. Doch es klappte: Bislang sorgten 1.200 Spender mit ihrem Geld für frische Zutaten für die täglichen Essen.

Das Team hat einige Erfahrung gesammelt

„Am Anfang haben wir unterschätzt, wie lange es dauert, bis die Einzelportionen verpackt sind“, sagt Karin Helmer. „Das hat zwei Stunden gedauert.“ Auch hätten sie nicht genug Autos und Fahrer für den Transportdienst gehabt. Da habe sich jedoch schnell ein Netzwerk der Hilfe aufgebaut. „Wenn jemand ausfiel, haben wir in den sozialen Netzwerken einen Aufruf gestartet, daraufhin haben sich immer schnell Helfer gemeldet.“ Auch zwei Autohäuser hätten für das Projekt Fahrzeuge zur Verfügung gestellt, weil die Helfer nicht genügend Fahrzeuge hatten, um die Mahlzeiten auszuliefern.

Die warmen Gerichte kommen von der Küche unter den vorgeschriebenen Hygienebedingungen in die Notunterkünfte. Bis Ende des Monats werden 35.000 Essen serviert worden sein, schätzt Karin Helmer – ab 1. Juli können die Suppenküchen und Tafeln möglicherweise wieder öffnen. Damit endet eine kleine Erfolgsgeschichte.

Allerdings ist die Stadtmission weiter auf Spenden angewiesen. „Unsere ,SattMission‘ kann über Wochen nur mithilfe vieler Klein- und Großspenden aufrechterhalten werden“, heißt es auf der Internetseite www.stadtmission-mensch.de. Aus den Spenden werden die Lebensmittel, das Verpackungsmaterial, Benzinkosten, eine Mindestentlohnung der Köche und Hilfskräfte sowie deren Strom-, Wasser- und Mietkosten finanziert.